Was für Stimmen! Was für Harmonien! Eng geführt und in himmlische Höhen getragen singen die Ringmasters Weihnachtslieder und den ein oder anderen Pop-Song, und mit jedem perfekt sitzenden Ton wird aufs Neue klar, wie einzigartig das Barbershop-Quartett aus Schweden ist und wie atemberaubend gut. Kein Wunder, dass die vier Herren 2012 als erste nicht-amerikanische Formation Gold bei der jährlich stattfindenden Barbershop-Weltmeisterschaft gewannen und seitdem nicht wieder antreten dürfen – sonst hätten sie wahrscheinlich noch einige weitere Titel geholt. In der Lutherkirche, wo sie auf Einladung der Springmaus ihr Konzert geben, wird diese Vermutung mit Sicherheit jeder teilen. Alles andere wäre fast schon Blasphemie. Dafür sind die Ringmasters einfach zu gut.
Genüsslich stürzen sich Jakob Stenberg, Rasmus Krigström, Emanuel Roll und Didier Linder in ihr Weihnachtskonzert. Mal wird es sakral wie etwa bei einem Angelus-Choral zu Beginn, dann wieder
swingend (so auch bei „Santa Claus is coming to town“). Auch ein paar Lucia-Lieder aus ihrer Heimat haben die Schweden im Gepäck – und ein feines Medley mit deutschen Klassikern wie „Stille
Nacht“ oder „O Tannenbaum“, wenn auch mit eher ungewöhnlichen Akkordfolgen. Typisch Barbershop. Eigentlich wäre es jedoch egal, was die Ringmasters anstimmen: Sie könnten auch das Telefonbuch
singen und würden dafür tosenden Applaus und stehende Ovationen erhalten. Mühelos wechseln sie zwischen den Registern, schmettern scheinbar mühelos ein „Tonight“ aus Leonard Bernsteins „Westside
Story“ bis hinauf in Sopranlagen und scheuen sich auch nicht vor dem ein oder anderen augenzwinkernden Moment inklusive einer Backpfeife für Bariton Emanuel Roll, als dieser zum wiederholten Mal
ein Bass-Solo von Didier Linder zu verhindern sucht.
Während die Ringmasters stimmlich nahezu die gesamte Bandbreite zwischen Barry White und der Königin der Nacht abdecken, ist ihr Repertoire nicht ganz so breit gefächert. Ein bisschen Country,
ein bisschen Swing und viel Traditionelles, das muss an diesem Abend reichen. Der Mavericks-Klassiker „Dream River“ von 1998 ist mit Abstand das modernste Stück des Abends, und Charlie Caplins
unsterbliches „Smile“ das jazzigste. Dafür verstehen es die Ringmasters meisterhaft, selbst schlichte Nummern mit harmonischen Rückungen enorm aufzuwerten – und für die a-cappella-Szene ist ihr
eher konservativer Ansatz sogar von Vorteil. Denn andernfalls hätten selbst Formationen wie die Real Group, die Pentatonix oder OnAir eine schier übermächtige Konkurrenz.
Knapp anderthalb Stunden singen die Ringmasters durch, und alle drei bis vier Minuten bebt die Lutherkirche angesichts des frenetischen Jubels des Publikums, das zum Glück und zu Recht zahlreich
gekommen ist. Für die vier Schweden ist insbesondere in Corona-Zeiten ein besonderes Geschenk, und so ist es nicht überraschend, dass sie im Anschluss noch den Kontakt zu den Bonnerinnen und
Bonnern suchen, sie zum Dialog einladen und auch ein Privatkonzert verlosen. Gewonnen haben an diesem Abend aber alle: Die Ringmasters viele neue Fans, und das Publikum einen unvergesslichen
Abend.
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