Die Familie ist ein Zuhause – zumindest meistens. Sie ist anstrengend, nervend, eigensinnig, mitunter zerstritten und doch nach außen hin vereint, und das über alle Grenzen hinweg, geographische, kulturelle und sprachliche. Der Internationale Sprechchor Bonn hat sich diesem Thema nun im Theater im Ballsaal angenommen und mit „DreamFamily“ (Regie: Bettina Marugg) ihre eigenen Erfahrungen in eine bunte, multilinguale Textcollage integriert. Russisch, italienisch, baskisch, koreanisch und noch ein halbes Dutzend weitere Sprachen verschmelzen zu einem babylonischen Wirrwarr, das doch viele Gemeinsamkeiten kennt. Und einige ungewöhnliche Geschichten erzählt.
Der Generationenkonflikt zieht sich wie ein roter Faden durch die Erinnerungen der Chormitglieder. Hier die Traditionen der Eltern, dort die progressiven, oft rebellischen Wünsche und Sehnsüchte der Kinder, die schlichtweg anders und auch woanders leben wollen, statt bereitwillig ihren Vätern und Müttern nachzufolgen. Die keine Vernunftehen eingehen, nur um einen eigenen Bauernhof zu bekommen, so wie ein Ensemblemitglied es noch von seinem Großvater kannte, und die nicht bis zum Umfallen arbeiten wollen, unfähig zu Liebe und Zuneigung. Kein Wunder, dass es dabei zu Konflikten kommt, die gerne mal übers Telefon ausgetragen werden, gerne auf deutsch, nur um bei bestimmten Wendungen dann doch wieder automatisch in die Muttersprache zu verfallen. Die teils skurrilen Binsenweisheiten und Sinnsprüche aus den unterschiedlichen Kulturen gehören in diesen Passagen zu den Höhepunkten der einstündigen Aufführung. „Das Ei hat das Huhn nicht zu belehren“, schallt es irgendwann durch den Raum, nachdem einmal mehr ein Versuch unternommen wurde, gegen die elterliche Sturheit anzukommen. Dazwischen hat Autor Lothar Kittstein, der die Anekdoten des Ensembles gesammelt und in Form gebracht hat, unter anderem Geschichten über Häuser und Wohnungen eingebunden, deren Grundrisse mit Maler-Krepp auf dem Boden des Ballsaals entstanden. Eine spannende, reizvolle Zusammenstellung, die am Ende allerdings mehr Fragen offen lässt als beantwortet. Aber vielleicht ist das ja auch der Sinn der Performance.
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