Es ist ein ewiger Kreislauf: Flaggen werden zu Leichentüchern, werden wieder zu Flaggen und bedecken doch irgendwann erneut leblose Körper. Der thematische Ansatz der Produktion „AeReA“, erster Teil eines choreographischen Triptychons und zugleich Auftaktveranstaltung der zehnten Ausgabe des Bonner Tanzfestivals „Into The Fields“, besitzt durchaus Potenzial, spielt doch die Verbindung zwischen Nationalstolz und Krieg gerade mit Blick auf die USA, auf Russland und auf die Ukraine eine nicht unerhebliche Rolle. Insofern sind Ginevra Panzetti und Enrico Ticconi ganz nah dran am Puls der Zeit. Doch das tänzerische Vokabular, mit dem die beiden Tänzer an den Erfolg ihres letzten Stückes „Harleking“ anknüpfen wollen, ist in diesem Fall leider zu beschränkt. Statt alle Facetten auszudiskutieren, ist bei „AeReA“ schnell alles gesagt. Was bleibt, ist Redundanz. Und das ist tödlich.
Gerade einmal 30 Minuten haben Panzetti und Ticconi für „AeReA“ eingeplant, eine halbe Stunde, in denen sie ihre grauen Flaggen schwenken, sie über sich ausbreiten und sie kurz darauf wieder wegziehen, um den Stoff erneut energiegeladen durch die Luft zu ziehen. Anstrengend, insbesondere bei der Präzision, die die beiden Italiener an den Tag legen und die auf eindrucksvolle Weise die technische Qualität des Duos unterstreicht. Aber: Mehr passiert nicht. Panzetti und Ticconi verharren auf diesem einen Bild, anstatt neue zu erschaffen, drehen sich zu einem monotonem Marschrhythmus sprichwörtlich im Kreis und geraten dadurch schon nach der Hälfte der Zeit an einen ersten potenziellen Schlusspunkt – dem sich das Duo verweigert. Ebenso wie dem zweiten, dem dritten und dem vierten. Statt rechtzeitig die Reißleine zu ziehen, drehen die beiden lieber noch ein Dutzend Ehrenrunden, bevor sie in der Videoarbeit „Silver Veiled“ genau die selben Figuren erneut präsentieren, zwar in einem anderen Setting und mit dem ein oder anderen spannenden Lichtwechsel, ansonsten aber ohne große Unterschiede. Auch hier könnten Panzetti und Ticconi schon früher fertig sein, und auch hier finden sie den Absprung nicht. Oder den Zugang zu anderen Aspekten der Flagge. So spielen Fragen einer nationalen Identität zumindest in dieser Choreographie keine Rolle – vielleicht werden diese im letzten Teil des Triptychons beantwortet. Das wäre zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer. Auch diese Produktion wird übrigens bei „Into The Fields“ gezeigt: „Ara! Ara!“ ist am 26. Juni um 20 Uhr im Theater im Ballsaal zu sehen.
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