Die Menge tobt. 10.000 Menschen, dicht an dicht, jubelnd, feiernd, rockend und die Musik genießend, die von der Bühne des KunstRasens schallt und die nicht so einfach zu beschreibend ist. Hier trifft der opulente Rock von Queen auf die Punk-Attitüde der Misfits, die Melancholie von Smiths-Sänger Morrissey und die Experimentierfreudigkeit von David Bowie – und das ist nur der innerste Kern von My Chemical Romance. Mit dieser eigenwilligen Mischung war die Band in den frühen 2000er Jahren zu einer der wichtigsten Formationen dieses frühen Jahrtausends aufgestiegen, hatte Kultstatus erreicht, vor allem in der Emo- und Gothic-Szene, die in der bleichen Erscheinung von Sänger Gerard Way mit seinen mal feuerroten und dann wieder tiefschwarzen Haaren und mit seiner Außenseiter-Attitüde eine Identifikationsfigur sahen.
Auch heute, nach einem neunjährigen Hiatus und einer optischen Transformation hin zu einem typischen Vertreter des Alternative Rock, ist diese Faszination bei vielen Fans ungebrochen. Mit gleich zwei ausverkauften Konzerten hat MCR nun die KunstRasen-Saison eröffnet und für viele selige Gesichter gesorgt. Obwohl es auch anders hätte kommen können.
Tatsächlich läuft längst nicht alles rund an diesen ersten beiden Tagen. Am Freitag zog sich die Warteschlange am Einlass bis fast zur Autobahnbrücke, so dass manche Fans gut zwei Stunden warten
mussten, bis sie endlich auf dem Gelände waren. Dort störten sich dann manche am Sound (der tatsächlich nicht immer und nicht überall gut war), und wie üblich an der zu geringen Lautstärke (was
den städtischen Auflagen geschuldet ist). An der Band selbst hatten die meisten dagegen wenig auszusetzen. Dabei wirkt die Musik von My Chemical Romance schon so divers, dass man sie auch als
beliebig bezeichnen könnte: Epische Hymnen wie „Welcome To The Black Parade“, treffen auf rockige Electro-Swing-Nummern wie „Mama“, pulsierende Indie-Tracks wie „DESTROYA“ auf poppige
Mitsing-Stücke wie das schlicht betitelte „Na Na Na“. Genüsslich springen My Chemical Romance von einer Schublade zur nächsten, lassen sich nicht fassen, tauchen aber aus genau diesem Grund auch
nicht wirklich tief in das jeweilige Genre ein. Das Publikum stört sich daran allerdings nicht, ganz im Gegenteil. Die meisten sind euphorisiert von dem Erlebnis, auf das sie nun drei Jahre
warten mussten. Umso ärgerlicher ist es, dass MCR wie so viele US-Bands nach 75 Minuten das erste Mal von der Bühne gehen und sich nach drei Zugaben pünktlich um 21.30 Uhr endgültig
verabschiedet. Gerade in dieser Situation hätte das Publikum mehr verdient. So bleibt nur, auf das neue Album zu warten, das angeblich kommen soll. Mit „The Foundations of Decay“ haben My
Chemical Romance auf jeden Fall einen neuen Song im Gepäck, und die kryptischen Merchandise-Hinweise auf einen „Schwarm“ deuten in eine ähnliche Richtung.
Trotz einiger Mängel und technischer Schwierigkeiten dürften die KunstRasen-Macher letztlich zufrieden sein. Bleibt nur zu hoffen, dass sie in den kommenden Wochen alle Störungen beheben und
ansonsten an den Auftakt anknüpfen können. Das Programm ist auf jeden Fall vielversprechend: Unter anderem folgen am 5. Juli der Auftritt der Rock-Legenden von Deep Purple (allerdings ohne
Gitarrist Steve Morse) und am 10. Juli das seit etlichen Jahren immer wieder verschobene Konzert von Sting. Im August stehen zum Beispiel die Simple Minds, The BossHoss und Schlager-König Roland
Kaiser auf der Bühne in der Gronau. Tickets erhalten Sie wie gewohnt bei allen bekannten Vorverkaufsstellen.
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