Deep Purple lassen sich nicht aufhalten. Schon gar nicht vom Alter. Vielleicht braucht Ian Gillans Stimme ein bisschen Anlauf, um wieder so kraftvoll zu klingen wie vor 50 Jahren, damals, als die Band allen Widrigkeiten zum Trotz in Montreux das Kult-Album „Machine Head“ samt dem Superhit „Smoke On The Water“ aufnahm, aber rocken kann der Mann auch mit angezogener Handbremse - und die löst sich spätestens bei "Lazy". Der Rest der Band ist sogar noch etwas früher auf Betriebstemperatur. Somit beweisen die Veteranen auf dem KunstRasen eindrucksvoll, dass sie noch längst nicht zum alten Eisen gehören – und dass sie Musik immer noch besser schmieden können als viele andere, die ihnen nachzueifern versuchen.
Anlässlich des Jubiläums von „Machine Head“ haben Deep Purple einen Großteil der Songs ins Programm aufgenommen, angefangen bei „Highway Star“, mit dem die Band Heavy Metal und Speed Metal den
Weg bereiteten. Direkt danach „Pictures from Home“, später „Lazy“ uns „When A Blind Man Cries“; „Space Truckin'“ und natürlich „Smoke On The Water“ halten Gillan und Co hingegen noch zurück. Das
Beste zum Schluss. Zumal Deep Purple noch genug anderes Material haben, darunter auch neue Songs vom 2019er Album „Whoosh!“, die aufgrund der Corona-Pandemie bisher nur selten live gespielt
werden konnten (das noch frischere Cover-Album „Turning To Crime“ spielt dagegen nur bei einer Zugabe eine Rolle). Jetzt korrigieren sie dieses Versäumnis, und zwar unter anderem mit „Nothing At
All“, dem heimlichen Hit der Platte, der Jon Lord wahrscheinlich Freudentränen abgerungen hätte. Virtuose Gitarrenläufe treffen in ausladenden Instrumentalparts auf fast barocke Orgelmelodien und
verbinden sich zu Classic Rock vom Feinsten. Ein starkes Stück, bei dem neben Keyboarder Don Airy auch Ersatz-Gitarrist Simon McBride wieder glänzt. Der 43-Jährige hat den Posten von Steve Morse
übernommen, der sich derzeit um seine krebskranke Frau kümmert und daher von der Tour zurückgetreten ist. McBride erweist sich denn auch als Meister seiner Art, mit starken Soli (etwa vor dem
progressiven "Uncommon Man"), in denen sich immer wieder Spuren seines frühen Idols Joe Satriani zeigen. Zu Deep Purple passt das hervorragend. Daneben sorgen Roger Clover und Ian Paice wie eh
und je für ein solides Fundament, während Don Airey über die Tasten huscht, sich in jedem Stil tu Hause fühlt und bei einem längeren Solo auch mal ausgiebig Beethoven zitiert.
Das Publikum auf dem extrem gut gefüllten KunstRasen, das zuvor schon von Electric Circus und der starken Devon Allman Band bestens mit Bluesrock versorgt wurde, zeigt sich von allem begeistert,
was der Bühne herunterschallt, begrüßt aber die Klassiker erwartungsgemäß besonders laut. Schade ist nur, dass Deep Purple ihr Zeitfenster noch nicht einmal ansatzweise ausschöpfen. „Smoke On The
Water“ beendet schon nach etwa 75 Minuten den offiziellen Teil des kompakten Konzerts, was sowoh für Iritationen als auch für euphorischen Jubel sorgt – der am Ende nach drei Zugaben samt dem
finalen „Black Night“ erneut in der Gronau erschallt. Zu Recht.
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