Was lange währt, wird endlich gut – getreu dieses Mottos sind am vergangenen Sonntag mehr als 9000 Menschen auf den KunstRasen gekommen, um den Auftritt von Sting in der Gronau zu erleben. Dreimal musste das Konzert des legendären Sängers und Bassisten in den vergangenen Jahren verschoben werden, wegen einer Halsinfektion und wegen Corona, und als im April sowohl in Oberhausen als auch in Köln weitere Absagen wegen positiver Covid-Fälle folgten, war die Sorge der Fans groß, dass auch der Termin in Bonn wackeln könnte. Tat er aber nicht. Vielmehr erklomm Sting nur mit ein paar Minuten Verspätung die Bühne, stilecht mit gestreiftem Shirt und gelber Lederjacke, und legte los. Und zwar nicht etwa mit den Stücken seines neuen Albums „The Bridge“, sondern mit „Police“-Klassikern und den großen Hits seiner Solojahre, die das Publikum von ihm erwartet: „Message in a Bottle“, „Englishman in New York“, „Every Little Thing She Does Is Magic“, ein berühmter Titel nach dem anderen, sehr zur Freude der Fans.
Sting selbst blieb allerdings ein bisschen distanziert: Abgesehen von einer Vorstellung der Band verzichtete er auf Moderationen, die ihn als Menschen stärker beleuchten und nahbarer hätten
machen können. Stattdessen spielte er stur seine Setliste, griff dann doch mal zu zwei neuen Stücken („If It's Love“ mit einem feinen Mundharmonika-Solo von Shane Sager und das rockige, textlich
aber schwache „Rushing Water“), schlug dann wieder den Bogen zu einer wunderbar reduzierten Version von „Fields of Gold“ und setzte am Ende noch einmal einen Schwerpunkt bei den unverwüstlichen
Stücken von The Police, die auch nach 50 Jahren nichts von ihrer Magie verloren haben. Dem Publikum genügte das. Ausgelassen sang es mit, ließ sich von Sting zum Klatschen animieren und hörte bei
den leisen Balladen ganz andächtig zu. Ohnehin erwies sich der 70-Jährige als ein Meister beim Aufbauen von Spannung, und obwohl man ihn in den hinteren Reihen eigentlich nur über die
Video-Screens sehen konnte, fieberten die Fans dort genauso mit wie die unmittelbar vor der Bühne.
Obwohl Sting bei der Auswahl seiner Stücke den Blick eindeutig in die Vergangenheit richtete, versetzte er sie musikalisch in die Gegenwart. Neue Arrangements und eine geschickte Instrumentierung
ließe sie frisch wirken und sorgten gleichzeitig dafür, dass die ein oder andere altersbedingte Schwäche Stings bei den richtig hohen Tönen nicht sonderlich auffiel. Bei „Shape Of My Heart“ ließ
er sich durch Background-Sänger Gene Noble unterstützen, der Sting auf Augenhöhe begegnete, und bei „King of Pain“ holte er seinen Sohn Joe Sumner auf die Bühne, der schon im Vorprogramm auf sich
aufmerksam gemacht hatte. Gut so, zumal Sting nun wirklich niemandem mehr etwas beweisen muss. Außerdem verfügt er trotz eines geringeren Stimmumfangs immer noch über mehr Charisma als die
meisten anderen Sänger. Nur nicht über die Ausdauer: Nach etwas mehr als 90 Minuten verabschiedete sich Sting am Sonntag mit „Roxanne“ und „Fragile“ von Bonn. Vielleicht zum letzten Mal, denn ob
Sting in zwei oder drei Jahren noch einmal die Strapazen einer Welttournee auf sich nehmen wird, ist unklar. Aber man kann ja zumindest hoffen.
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