Eine Prise Zufall muss schon sein: Für die Konzerte der Jubiläumstour zum 20-jährigen (und in gewisser Weise auch 30-jährigen) Bestehen verlassen sich Maybebop zumindest zum Teil auf die Würfel. Jeden Abend, so erzählen sie, erstellen sie so ihre Setliste und überlassen dem Chaos zumindest den Anschein von Kontrolle über die Reihenfolge des Repertoires. Alea iacta est. Wäre ja sonst auch langweilig für eine der renommiertesten und besten a-capella-Formationen des Landes und darüber hinaus; das amerikanische Recorded A Cappella Review Board kürte das Quartett nicht zuletzt wegen ihrer stilistischen Bandbreite sogar zur Gruppe des Jahrzehnts 2010-2019. Im ausverkauften Pantheon haben Maybebop jetzt einmal mehr bewiesen, dass sie wirklich nahezu alles singen – und fast alles tanzen – können. Was keineswegs ein Zufall ist.
Eigentlich müssen sich Maybebop in Bonn nicht mehr beweisen. Schon lange ist das Pantheon für sie eine Art zweites Wohnzimmer, das Publikum wohlvertraut und voller treuer Fans, die jeden Blödsinn mitmachen. Und der gehört ebenso sehr zu dem Quartett wie ihre erstklassigen Arrangements. Mal flattern sie wild krächzend zum albern-schrägen „Vogellied“ über die Bühne, dann wieder zelebrieren sie eine Liturgie für König Fußball und das heilige iPhone, samt „Schiri Eleison“ und „Apple unser“. Mal wird ein Sprachfehler zum Aushängeschild eines vermeintlich spanischen Schlagersängers, mal frönt Gründungsmitglied Oliver Gies singend einem Putzfimmel und mal werden zu jamaikanischen Rhythmen ein paar Ragamuffins gebacken, was wirklich großartig gelingt. Musikalisch ist das alles erstklassig, inhaltlich aber mitunter Geschmackssache. Egal: An diesem Abend geht das Konzept auf, nicht zuletzt dank des Würfelglücks. Zwischen den Kalauern ragen nämlich die wirklichen Meisterwerke empor, Stücke wie das starke „Ebenbild“ im Knorkator-Stil, das Bass Christoph Hiller allerdings eher mit Till-Lindemann-Pathos singt, das zärtliche „Ich seh dich“ oder das zauberhafte „Kleiner grauer Falter“. Dazu kommen Songs mit klarer Haltung („Gegen die Natur“), schwarzem Humor („Lass dir Zeit“), charmantem Groove und Berliner Schnauze („Sejeln jehn“). Dazu kommt die brillante Interpretation des Manhattan-Transfer-Klassikers „Birdland“, die an jene Zeit erinnert, als Maybebop vor allem mit Cover-Versionen auf sich aufmerksam machte. Lang ist's her – die erste Inkarnation der Band, an die sich nur noch Oliver Gies wirklich erinnern kann, trat immerhin schon 1992 zusammen, die jetzige Besetzung (mit Ausnahme von Hiller, der erst seit 2018 Bass Sebastian Schröder ersetzt) entstand zehn Jahre später. Und klingt immer noch klasse. Das findet auch das Publikum, das Maybebop immer wieder tosenden Applaus spendet.
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