Erst denken, dann reden: Diese eigentlich selbstverständliche Maxime schwingt bei Florian Schroeders Jahresendabrechnung „Schluss jetzt“ als Ratschlag an Gott und die Welt im Grunde beständig mit. Nur so als Idee, falls sich der ein oder andere Politiker, Fußball-Funktionär oder Wohlfühl-Intellektuelle doch nicht als beratungsresistent entpuppen sollte und Ratschläge in Sachen Kommunikation und Handeln von einem abgebrühten Satiriker undscharfsinnigen Analytiker annehmen wollen würde – wobei der Konjunktiv schon viel über die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falls aussagt. Dabei würde es sich durchaus lohnen, auf Schroeder zu hören, insbesondere wenn dieser nicht auf plumpe Parodien und billige Polemiken setzt, sondern zur Sache kommt. Und Haltung zeigt.
Natürlich gehört es zum Konzept von Schroeders Rückblick, jeden verbalen Fehltritt von Regierung und Opposition gnadenlos ans Licht zu zerren. Genüsslich zeigt der 43-Jährige im ausverkauften
Pantheon einen Video-Schnipsel nach dem anderen, und bei jedem einzelnen möchte man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich fragen, warum bei der Besetzung von Spitzenposten
offenbar noch niemand einen Intelligenztest hat durchsetzen können, von einem Ethik-Test ganz zu schweigen. Ob es nun um die unsägliche Pressekonferenz von Fifa-Präsident Gianni Infantino
anlässlich der Fußball-WM in Katar geht, um den Aufruf zu Verhandlungen mit Russland durch Ober-Femministin Alice Schwarzer oder um die verbalen Armutsbekundungen von Olaf Scholz und Friedrich
Merz, Schroeder lässt keine Peinlichkeit aus und feuert in alle Richtungen. Wirklich alle. So nimmt er etwa Christian Lindner für dessen Hochzeit auf Sylt durchaus in Schutz („das ist seine
Privatsache, die geht niemanden etwas an“), auch wenn er zugleich die Berichterstattung darüber vollends der Lächerlichkeit Preis gibt – und die politischen Entscheidungen Lindners natürlich
auseinandernimmt. Differenzieren ist das Zauberwort, hier zwischen dem Privat- und dem Machtmenschen, in anderen Fällen etwa zwischen der berechtigten Diskussion um kulturelle Aneignung an sich
und den überzogenen Forderungen selbst ernannter Anti-Rassisten, die einer Schweizer Mundart-Band ihre Dreadlocks und den Reggae verbieten wollen, weil die Musiker die falsche Hautfarbe
haben.
Schroeder ist an diesem Abend gut drauf, schießt scharf – aber manchmal auch übers Ziel hinaus, etwa wenn er die Bundeswehr kollektiv in Verbindung mit den Reichsbürgern bringt. Das kann
Schroeder besser. Nicht jeder seiner Positionen mag man zustimmen (bei seinem erzwungenen und argumentativ unterfütterten Ja zu Waffenlieferungen an die Ukraine gibt es in der ein oder anderen
Ecke des Saals Gemurmel), aber zumindest hat er welche und weiß sogar, warum. Weil er nämlich eben nicht erst redet und dann denkt. Sondern hinschaut. Zur Nachahmung empfohlen.
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