Jetzt mal ehrlich: Lachen ist die beste Medizin. Und gerade in eher unruhigen Zeiten sollen die Menschen durchaus mal für zwei Stunden den Kopf auf Durchzug stellen und sich von Atze Schröder beschallen lassen können. Der verspricht nämlich eine Rundum-Sorglos-Behandlung für Mundwinkel und Zwerchfell, mit ganz vielen echten Gefühlen und gewohnt markigen Sprüchen. In der Bonner Oper erweist sich der Vorzeige-Proll mit der blau getönten Sonnenbrille und der Lockenmähne allerdings zum Teil erstaunlich nachdenklich – was der Kunstfigur mehr Tiefe verleiht, sie allerdings auch aus der Wohlfühlzone und dem über Jahre gepflegten Gleichgewicht bringt.
Es ist nicht überraschend, dass auch ein Atze Schröder Pandemie, Krieg und zunehmende Naturkatastrophen nicht einfach so wegsteckt und weitermacht wie eh und je, mit dicker Hose und noch dickeren
Schlitten anzügliche Pointen in den Saal schleudernd, C-, D- und Y-Promis genüsslich vorführend und jedes Klischee vom Mann als direkter Bruder des Neandertalers bestätigend. Ja, natürlich
kreiert er auch solche Bilder, spricht stolz von der gepflegten Pichelei bei „Wetten Dass...“, vom „akuten Heckhusten“ im Aufzug und von der sonntagabendlichen Klöten-Massage des Labradors durch
die bewollsockten Füße von Mutti – aber genauso oft mischen sich gesellschaftskritische Töne in sein Programm. Mal hinterfragt er vorsichtig die Botschaft verschiedener Schlager in Zeiten von
#MeToo, dann wieder äußert er sich zu Hasskommentaren auf Facebook und Twitter und bedauert diesen Bürgerkrieg in der Hosentasche. In seinen besten Momenten gelingt ihm beides gleichzeitig, die
Provokation und die Aufklärung. „Stellt euch mal vor, ich würde hier auf der Bühne ein Schwein vögeln“, sagt er. „Das fändet ihr nicht in Ordnung, und das ist auch richtig so. Wenn ich das Tier
jedoch hier in Form von Schnitzeln aufessen würde, hätte kaum jemand ein Problem damit. Ich frage mich nur, was wohl für das Schwein schlimmer ist.“
Das Publikum feiert auf jeden Fall beide Seiten Schröders, die ernste und die peinliche. Dass erstere ruhig noch ein bisschen konziser sein könnte, die Fallhöhe zwischen beiden noch klarer und
die Linie des Programms noch deutlich klarer, stört angesichts der neuen Konturen des Minipli-Helden keinen. Ohnehin grenzt es trotz der instabilen Weltlage an ein Wunder, dass Atze nach immerhin
28 Jahren als politisch unkorrekter Ruhrgebiets-Macker jetzt derart offensichtlich nach neuen Wegen für seine Kunst sucht. Was ihm aber gut zu Gesicht steht. Zwar probiert er sich in gewisser
Weise noch aus, das aber mit jeder Menge Spielfreude. Gerade Bonn sei dafür ein ideales Pflaster, sagt Schröder, mit einem Publikum, dass viel schlauer, schöner und besser duftend sei als in
anderen Städten – eine Anbiederung, die er an diesem Abend gar nicht nötig hätte, die aber natürlich bestens ankommt. Dementsprechend wird Atze Schröder am Ende auch gefeiert. Behandlung
geglückt, Patient lacht. Na also.
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