Zauberkünstler? Da winkt Marcel Kösling ab. So ein Beruf dient lediglich als Tarnidentität für einen an die Öffentlichkeit drängenden Geheimagenten, und sein Auftritt im Bonner Pantheon als Workshop für andere Vertreter seines Fachs. Alles andere wäre schließlich absurd. Als ob man vom Zaubern leben könnte, oder von der Comedy, die Kösling wie ein Profi mühelos in seine Präsentation integriert. Alles nur Täuschung. Die aber funktioniert hervorragend, nicht zuletzt dank Köslings Charmes, regelmäßiger positiver Bestärkungen und eines enthusiastischen Publikums, das selbst den erfahrenen Moderator überrascht.
Kösling hat allerdings auch einen kleinen temporären Heimvorteil: Die letzten zweieinhalb Monate hat er in Bonn gelebt, während er in der GOP-Show „Keine halben Sachen“ zu sehen war, der Abend im Pantheon ist gewissermaßen die Abschiedsfeier des Hamburgers, der sich bei der Gelegenheit als Spion outet und in dem Kleinkunsttempel nach potenziellen Nachfolgern Ausschau hält. Mit Zauberei hat dieses Geschäft übrigens in mehr als einer Hinsicht zu tun: Sowohl Agent als auch Illusionist arbeiten mit der Kunst der Täuschung und der Ablenkung, ergründen Geheimnisse, manipulieren Menschen und geben ihre Tricks nur sehr ungern preis. Zumindest normalerweise.
Doch diesmal ist einiges anders. So erklärt Kösling durchaus sowohl die technischen als auch die psychologischen Mechanismen, mit denen er ein Tuch in ein Ei verwandeln kann, offenbart den Weg
zum Sieg bei „Tic Tac Toe“ und macht den Menschen Mut, dass am Ende alles gut wird. Einzelnen Gästen gibt er sogar das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein, ob sie nun bei einem Tastspiel einen
Kaktus für einen Pinsel halten oder einen Rubik-Würfel in nur fünf Sekunden einhändig in einer Papiertüte lösen. Letzteres hat übrigens noch ein amüsantes Nachspiel: Um zu zeigen, wie schwer
diese Knobelwürfel sind – und in Vorbereitung auf einen weiteren Trick –, verteilt Kösling willkürlich 24 Stück im Saal und gibt seinen Probanden zweieinhalb Minuten, um alle sechs Seiten in die
verschiedenen Farben zu bringen. Zweien gelingt das. „Ich mache die Nummer jetzt schon etwas länger, aber so etwas ist mir noch nie passiert“, gesteht Kösling erstaunt und begeistert
zugleich.
Letztlich überzeugt Kösling allerdings nicht durch die Komplexität seiner Darbietung – seine Kollegen auf deutschen Kleinkunstbühnen haben größtenteils ein ähnliches Repertoire. Aber nur wenige
wirken so nahbar und (trotz der Agentenrolle) so authentisch wie der 37-Jährige, so sichtlich begeistert vom Publikum und so freundschaftlich im Umgang mit seinen Freiwilligen wider Willen. Das
ist die eigentliche Kunst. Alles andere? Ist nur Handwerk.
Termin: Marcel Kösling kommt am 3.6. mit „Streng geheim“ erneut ins Pantheon. Karten unter www.pantheon.de.
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