Nach dem ersten Feuerzeug-Moment ist Schluss mit lustig. Zumindest vorübergehend. Florian Paul und seine Kapelle der letzten Hoffnung stürzen sich in ihre Nachtstücke, in denen die Melancholie vorherrscht und die Enttäuschung von Mensch und Welt, und das Publikum im Pantheon muss diesen Weg mitgehen – was es auch bereitwillig tut. Immerhin gehören diese mitternachtschwarzen Lieder, in denen die Münchener um den 28-jährigen Sänger mit der eindringlichen Stimme das Leiden der Generation Z reflektiert, zu den intensivsten Stücken der Band.
Kein Wunder, ist diese Stimmung für Paul doch alles andere als negativ, eher kathartisch, ein befreiendes Klagen über eine Zukunft, die auf Sand gebaut scheint und der sich die Menschheit dennoch stellen muss, ob sie will oder nicht. Und zwar nach Möglichkeit mit der Energie, die Paul und seine Bandkollegen an diesem Abend an den Tag legen und die einer der Gründe ist, warum jeder im Saal euphorisiert ist von der faszinierenden Mischung aus Chanson, Swing und Pop.
Ein anderer Grund für die Begeisterung dürfte Pauls volltönende, warm-rauchige Stimme sein, die genüsslich unglückliche Liebeslieder für den Teufel singt und dabei ein starkes Bild nach dem anderen kreiert, lyrisch ebenso wie musikalisch. Doch nach der Pause ist der melodramatische Tiefpunkt erreicht, das Herz angeknackst aber nicht gebrochen – von jetzt an kann es nur aufwärts gehen. Und tatsächlich wird alles besser. Wilder. Euphorischer. Die Kapelle der letzten Hoffnung dreht auf, begrüßt das Publikum in der „Bar Calypso“ und bei „Bella Maria“, mit pulsierendem Groove und fetzigen Saxofon-Soli, mit tanzenden Fingern auf Tasten und Bass-Saiten. Jetzt soll gefeiert werden, als ob es kein Morgen gäbe. Für das Publikum kein Problem. Im Gegenteil: Innerhalb von Sekunden sitzt fast keiner mehr. Stattdessen wird getanzt und das Leben gefeiert, denn wer weiß schon, wie lange das noch geht. Die Corona-Pandemie hat genau das bewiesen, und so ist es nur konsequent, dass Florian Paul und Co mit Texten in der Tradition von Rio Reiser (nicht ohne Grund spielen sie auch das „Ton Steine Scherben“-Cover „Der Traum ist aus“) und mit fantastischer Musik zwischen Schwermut und Ekstase genau in dieser Zeit einen Nerv treffen. Im Saal sind auf jeden Fall alle restlos begeistert, verlangen nachdrücklich eine Zugabe und applaudieren einer Band, die einfach wiederkommen muss. Dann vielleicht schon mit neuen Liedern. Dunklen wie hellen.
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