Jetzt ist Schluss. Endgültig. Also wahrscheinlich. Möglicherweise. Wenn er es sich nicht doch noch anders überlegt. Bei Andreas Etienne ist schließlich alles möglich, zumal der 68-Jährige nun einmal eine Rampensau allererster Güte ist und die Bühne ebenso liebt wie lebt. Dennoch will er – so die offizielle Position – sich mit einem letzten @rheinkabarett-Programm sowohl von seinem Bühnen-Ich als auch von seinem Alter Ego Amelie Keltenbacher verabschieden und sich neuen Aufgaben widmen, was bei seinen Kolleginnen und Kollegen Cosima Seitz, Christoph Scheeben und Michael Müller sowohl Trauer als auch Erleichterung auslöst. Doch wie so oft kommt es in „King Mum“ anders als man denkt.
Natürlich nutzt das Quartett die Gelegenheit des nahenden Abschieds, um in Erinnerungen zu schwelgen und einige alte Sketche zu entstauben. Dazu gehört die erste größere Nummer von Etienne und Müller, in der sich zwei Männer in einem Kaufhaus gegenseitig mit Abenteuergeschichten zu übertreffen versuchen und dabei vom Kraken-Rodeo bis hin zum Weltraumspaziergang eine Abenteuergeschichte nach der nächsten erdichten – ein Konzept, dass die beiden im Verlauf ihrer 40-jährigen gemeinsamen Karriere immer wieder aufgegriffen haben. Derweil darf Christoph Scheeben im Kopierraum der charmanten Cosima Seitz Avancen machen, was durch die Schüchternheit und Unbeholfenheit der beiden Figuren allerdings ein klitzekleines bisschen erschwert wird. Die Nummer sitzt einfach perfekt, ebenso wie die über die Trauergäste auf einer Beerdigung, die es eigentlich nur auf den Leichenschmaus abgesehen haben. Und dann wären da noch die Soli von Andreas Etienne, in denen dieser sich einmal mehr als brillanter Erzähler erweist: Als träumender Medizinstudent reitet er, das Latein wie eine Keule schwingend, heldenhaft durch das Physikum, als er selbst kämpft er sich durch den primitiven Dschungel des Finanzamts, stets auf der Hut vor Administratorsauriern und desm gefährlichen Fiskalosaurus Rex. Der letztgenannte Sketch ist übrigens auch eine Sternstunde für Michael Müller, der sowohl mimisch als auch akustisch diese Vergessene Welt eindrucksvoll zum Leben erweckt.
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Bis hierhin ist „King Mum“ eine typische @rheinkabarett-Ausgabe, mit cleveren, hervorragend gespielten Beiträgen und der ein oder anderen Gesangseinlage. Doch etwas Gewöhnliches, egal wie gut,
reicht dem Ensemble nicht aus. Und so rätseln Seitz, Scheeben und Müller, womit sie Andreas Etienne eine Freude machen können, ohne dass er gleich wieder zu viel Lust am Spielen findet und von
seinem Rücktritt zurücktritt. Schließlich haben die drei die Marotten der Ober-Springmaus lange genug ertragen. Und besser wird’s nicht. Vor allem die Keltenbacher, diese penetrante Omma mit dem
ausgeprägten Fetisch für exzessives Leiden, nimmt immer mehr Raum in Etiennes Leben ein, so dass sich unweigerlich die Frage stellt, wer hier noch Kunstfigur und der Original ist: Sie oder er?
Und wer von beiden geht? Er von der Bühne und sie nach London, um als uneheliche Tochter von Queen Elizabeth II. den Thron zu besteigen? „Der Andreas hört auf, die Keltenbach natürlich nicht“,
sagt letztere. Womit wieder alles offen wäre. Und ein neuer Anfang wartet.
Termine: Das @rheinkabarett-Programm „King Mum“ ist noch zu sehen am 22.4., 3. + 4.5, 23. + 24.5., 9. + 10.6. und 28. + 29.7., jeweils um 20 Uhr im Haus der
Springmaus. Karten und weitere Infos über www.springmaus-theater.de.
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