Wenn Stefan Gwildis singt, dann für alle: Für den Mann vom Nürburgring und die Frau aus New York City, für die Gäste in der ersten und für die in der letzten Reihe, für alle Regen- und alle Traumtänzer, für Romantiker und Realisten, für Lyriker, Pop-Fans und Soul-Liebhaber. Im Pantheon, wo er in minimaler Besetzung auftritt, trifft er damit ins Schwarze. Das Publikum ist begeistert bei der Sache, lässt sich nur zu gerne immer wieder mit einbeziehen und singt als Chor ein buntes Halleluja aus all den verschiedenen Stilen, die der 64-Jährige im Laufe seiner Karriere aufgesogen hat. Klingt gut. Beides.
Natürlich ist Gwildis ein exzellenter Sänger mit einer charismatisch-rauchigen Stimme, die sich gerne mal auf Konsonanten ausruht und dennoch volltönend sein kann. Vor allem aber ist der
Hamburger ein grandioser Entertainer, der seine „Brüder und Schwestern“, wie er seine Fans gerne bezeichnet, von der ersten Sekunde an anspricht und zu einem Teil der Show macht, angefangen bei
Hans-Jürgen aus der ersten Reihe, der den Refrain von „Sie ist so süß“ so souverän ins Mikrofon trällert, dass Gwildis eigentlich gar nicht mehr gebraucht wird. Doch wer würde dann voller
Leidenschaft und mit Schalk in den Augen improvisieren, wer kurzerhand Personen im Saal in seine Lieder einbauen, wer sie mit Vertonungen von Borchert-Gedichten, Marc-Cohn-Umdichtungen und
Marvin-Gaye-Adaptionen begeistern? All das kann nur Stefan Gwildis, der zwar auch in seinen besten Momenten keinen Song im Stile Barry Whites zusammengebastelt bekommt (so ein Plan in der zweiten
Konzerthälfte), dafür aber alles andere schafft, was er sich vorgenommen hat. Für ersteres ist er zu sehr Stefan Gwildis – für letzteres ebenfalls. Und das genügt vollkommen.
Gut zwei Stunden (plus Pause) spielen Stefan Gwildis und sein Pianist Tobias Neumann ein Stück nach dem nächsten. Viele stammen natürlich vom aktuellen Album „Bunt“, und auch wenn sie – im
Vergleich zu den Studio-Aufnahmen – in der Duo-Fassung einen Teil der musikalischen Vielfalt vermissen lassen, gelingt es Gwildis doch eindrucksvoll, jede Nummer zu etwas Besonderem zu machen.
Immerhin groovt dank der Tastenmagie Neumanns der Titelsong, ebenso wie die „Walking in Memphis“-Umdichtung „Gestern war Gestern“ vom 2008er Album „Wünscht du wärst hier“. Und für alles andere
gibt es schließlich das Publikum, das Gwildis ebenso meisterhaft zu spielen versteht wie Neumann sein Instrument und das sich am Ende mit tosendem Applaus für dieses bunte Konzert bedankt.
Halleluja.
Kommentar schreiben