Glück, so heißt es, ist flüchtig. Dennoch versprechen zahlreiche Ratgeber, das richtige Rezept für diesen so begehrten Zustand der Zufriedenheit vermitteln zu können. Alles Humbug, sagt Dr. Manfred Lütz. Der Psychotherapeut, der mit seinen kabarettistischen Vorträgen ein gern gesehener Gast im Haus der Springmaus ist, hat sich eingehend mit dem Streben nach einem glücklichen Leben auseinandergesetzt und eine Art Anti-Ratgeber verfasst, um der gesamten Glücks-Industrie den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Die mache nämlich nur noch unglücklicher, sagt er nun bei einem Besuch in Endenich, denn planen oder gar erzwingen könne man den Weg zur Erfüllung nun einmal nicht. Schon eine Definition sei letztlich unmöglich, auch wenn viele weise Männer dies versucht hätten. Und so nimmt Lütz sein Publikum mit auf eine Reise durch die Philosophie und die Psychologie, klärt auf wenn möglich, warnt wenn nötig und unterhält eigentlich immer. Eine gute Kombination.
Lütz erteilt dem Streben nach Glück eine klare Absage. Das, so sagt er, sei der zentrale Gedanke der meisten Drogenabhängigen, die darauf bauen, dass Heroin und Co ihr Leben ein bisschen besser
oder zumindest erträglicher machen. „Jede Sucht ist eine krankhafte Suche nach dem Glück“, sagt er. Der 69-Jährige weiß, wovon er spricht, immerhin war er von 1997 bis 2019 Chefarzt des
Alexianer-Krankenhauses in Köln-Porz, einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie und davor Leitender Arzt einer Klinik für alkohol- und medikamentenabhängige Männer.
Doch auch im scheinbar normalen Leben sieht er Tendenzen, die ihn skeptisch werden lassen. „Es gibt Menschen, die leben nur noch vorbeugend, aber am Ende sterben sie auch, nur eben gesund“, sagt
er mit typisch rheinischem Augenzwinkern. Sein Motto ist dagegen „Carpe Diem“. Nutze den Tag. „Das Bewusstsein der Unwiederholbarkeit eines jeden Moments ist Voraussetzung für ein glückliches
Leben“, sagt er. Wer einfach nur genießt, ist besser dran. Muss man nur können.
Auch wenn Manfred Lütz immer wieder betont, dass er mit „Wie Sie unvermeidlich glücklich werden“ einen Anti-Ratgeber geschrieben habe und dass jeder Mensch einen individuellen Weg zum Glück gehen
müsse, gibt er doch immer wieder universelle Tipps für ein besseres Leben und warnt zugleich von so mancher medialen Verführung. Kritisch setzt er sich mit dem Schönheitswahn bei
Model-Casting-Shows auseinander, warnt vor ständigem Erfolgsdenken und demontiert die Diagnose „Burn-Out“ („der Begriff ist viel zu diffus“, sagt er, „dahinter verbergen sich unter anderem
Depressionen oder existenzielle Krisen. Erstere kann man als Psychotherapeut behandeln, letztere nicht.“). Ohnehin hält er nichts von Allgemeinplätzen. „Jeder von Ihnen verbindet das Wort
‚glücklich‘ mit bestimmten Faktoren, die niemand sonst so erlebt und fühlt wie Sie“, sagt er. Wobei es für einen Rheinländer zumindest nach außen hin einfacher zu sein scheint als für einen
Westfalen, diese zu finden. Und für Besucher der Springmaus? Ist es zumindest an diesem Abend ein Kinderspiel.
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