Juli: Herbst-Pop im Frühsommer

Wenn Juli im Juni vom November singen, das Ende des Sommers ankündigen und traurige Lieder fordern, klingt das schon ein bisschen absurd – aber irgendwie auch konsequent angesichts einer Band, die seit 22 Jahren unaufdringlich-effektvolle Pop-Nummern mit so manchem Rock-Impetus und einer ordentlichen Dosis Melancholie würzt und damit immer wieder den deutschen Zeitgeist zu treffen scheint. Auch auf dem Gelände vor dem Telekom Forum in Beuel, wo Sängerin Eva Briegel und ihre Herren-Truppe im Rahmen des Bonnlive-Open-Air auftreten, ist diese Mischung auf jeden Fall allgegenwärtig, trotz Hits wie „Geile Zeit“ oder „Perfekte Welle“, in denen der Moment gefeiert und alles andere ausgeblendet wird. Auch das scheint nicht miteinander vereinbar zu sein. Aber Juli schaffen dies mühelos – und bereiten ihren Fans mit alten wie neuen Songs einen fantastischen Abend.

Allzu voll ist es auf dem Gelände nicht, was ein bisschen enttäuschend, aber wenig überraschend ist nach einer Auszeit von neun Jahren. 2014 hatten sich Juli mit ihrem Album „Insel“ samt der darauf gepflegten Symbiose aus Elektro-Sounds, radiotauglichen Melodien und beschwingten Texten noch zu befreien versucht von den ewigen Vergleichen mit Silbermond und Wir sind Helden, mit denen sie zeitgleich groß geworden sind und deutschsprachigen Indie-Pop salon- und mainstreamfähig machten. Seitdem herrschte Funkstille. Bis heute. Mit „Der Sommer ist vorbei“ wollen Juli wieder an die alten Zeiten anknüpfen, an die sie sich nostalgisch zurückerinnern, an die „fetten wilden Jahre“ und „die besten Dinge“ von damals, und die Reaktionen der Fans deuten darauf hin, dass dies ankommt.

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Der Hang zum Moll ist allerdings geblieben, die Entschleunigung der Songs hat sogar noch zugenommen – selbst „Geile Zeit“ und „Perfekte Welle“ wirken an diesem Abend seltsam träge. Dafür halten sich Juli in Sachen Rock nicht zurück, vor allem dank des unermüdlichen treibenden Schlagzeugspiels von Marcel Römer, und sorgen so dafür, dass die Menge immer wieder auf und ab springt, sofern nicht Lebenshilfe-Balladen wie „In unseren Händen“ dies unterbinden.

 

Erstaunlicherweise gelingt es Juli auf diese Weise, die Widersprüche in ihrer Musik zu einem kohärenten Ganzen zu vereinen. Gute Laune dank Melancholie und ein Leben im Moment mit der Nostalgie im Blick, das alles fügt sich zusammen, vor allem nachdem die Band warm geworden ist und die Energie des Publikums konstruktiv nutzt. Nur das Timing ist ein bisschen unglücklich, fängt doch der Sommer gerade erst an, während die Juli-Hits eben eher in den September passen. Aber wenn es weiter nichts ist…

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