Green Juice Festival: Riesenspaß bei Nordseewetter

Auf das Wetter können sich Konzertveranstalter derzeit wirklich nicht verlassen. Auf das Publikum hingegen schon. Beim Green-Juice-Festival, das am vergangenen Donnerstag im Park in Neu-Villich zum inzwischen 15. Mal eröffnet wurde, strömten die Besucher in Scharen auf das Gelände und ließen sich von gelegentlichen Regenschauern nicht aus der Fassung bringen. Gummistiefel an, Plastik-Capes um und weiterfeiern: zu Techno-Pop einer studierten Jazz-Sängerin, zu eigenwilligen Indie-Epen und zu erstklassigem Gute-Laune-Punk. Und das war erst der Anfang. Aber was für einer.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Green-Juice-Festival im Schlamm zu versinken drohte. 2017 musste das Organisationsteam um die beiden Brüder Julian und Simon Reininger, die das Festival 2008 als 15-Jährige aus der Taufe hoben, das Areal sogar vorübergehend dicht machen, weil Feuerwehr und Notarzt nicht mehr auf das Gelände fahren konnten. Damals konnten sie die Veranstaltung kurzfristig ins Brückenforum verlegen, heutzutage wäre dies mit rund 7500 Besuchern täglich nicht mehr zu stemmen gewesen. Stattdessen haben die Reiningers 50 Tonnen Sand auf dem Gelände verstreut, und das hat sich bezahlt gemacht. Statt einem Morast erwartete die Gäste ein Strand, den die tanzende Menge eher verdichtete als aufwühlte. Perfekte Voraussetzungen für ein ausgelassenes Publikum. Schon die Bonner Pop-Band twentyseven, die unmittelbar nach dem Einlass zu spielen begann, wurde euphorisch gefeiert, obwohl Sänger Niklas Buchholz stimmlich nicht ganz auf der Höhe zu sein schien. Dennoch gelang es dem Quartett (und einstigen Duo) mit Leichtigkeit, die Menge auf Touren zu bringen. Dann kam Dilla – und schaltete nicht einen, sondern gleich zwei Gänge hoch. Das Alter Ego der Berliner Sängerin Amadea Ackermann kokettiert mit dem exzessiven Feierleben, verknüpft mitunter überaus nachdenkliche deutsche Texte mit pulsierenden Techno-Beats und hat sich mit Hilfe der Sozialen Medien sowie einer Omnipräsenz bei deutschen Festivals eine beachtliche Fan-Basis erspielt. Dies wurde auch in Pützchen deutlich: Eine erstaunlich große Zahl der Besucherinnen und Besucher konnte diverse Songs von Dilla mitsingen, was die junge Musikerin, die in München Jazzgesang studiert hat, ein ums andere Mal verblüfft und begeistert.

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Bis zum Ende von Dillas Auftritt zeigte sich das Wetter überaus freundlich. Doch dann legten es Von Wegen Lisbeth geradezu darauf an, dass sich dies ändern sollte. „Wir haben einige epische Songs im Gepäck, aber die haben wir eigentlich dafür vorgesehen, wenn es regnet“, sagte Sänger Matthias Rohde, stimmte dann doch eine entsprechende Nummer an – und erntete Regen. Was zu diesem Zeitpunkt aber auch egal war. Nur vereinzelt suchten die Besucher Unterschlupf an einem der Stände auf dem Gelände, die Mehrheit blieb einfach vor der Bühne, nahm die Wetterkapriolen hin und bejubelte die Band, die umgeben von poppigen Rot- und Orangetönen Essens-Fotos auf Instagram besingt, den Optimierungswahn beklagt und einen Vergleich mit Claudia Pechstein wagt.

Wer nun aber glaubte, dass die Stimmung beim Green Juice nicht mehr besser werden könnte, der irrte sich gewaltig. Immerhin agieren an diesem Abend die Donots als Headliner, und es hat schon seinen Grund, warum die Punkrocker um Ingo und Guido Knollmann inzwischen zum dritten Mal zu Gast in Bonn sind. Wie nur wenige andere Bands verstehen die Donots es, eine beliebig große Menge innerhalb von Sekunden zum Springen, Tanzen und Toben zu bringen, selbst wenn – wie Ingo am Donnerstag betonte – im Rheinland gerade Nordseewetter herrscht. „Wollt ihr unsere Touristen sein?“, fragte er und gab augenzwinkernd den Animateur der besonderen Art. „Dann benehmt euch entsprechend und springt!“ Was das Publikum dann auch tat. Und nicht wieder aufhörte. Wozu auch, wurde das Konzert doch nur wilder und besser. Gegen Ende konnte sich dann noch Green-Juice-Gründer Julian Reininger einen besonderen Wunsch erfüllen und bei „Whatever Happened To The 80s“ am Schlagzeug Platz nehmen, bevor ein Feuerwerk den ersten Festivaltag beendete.

Ähnlich spannend ging es übrigens weiter: Unter anderem bieten am Freitag Power Plush so genannten Plüsch-Pop (was auch immer man darunter verstehen will), die aufstrebenden Singer-Songwriter Ennio und Schmyt sind ebenfalls mit dabei, und mit Leoniden kommen erneut alte Bekannte zum Green-Juice-Festival. Gleiches gilt am Samstag für Blackout Problems, während Anaïs noch am Mittwoch im Vorprogramm von Bastille auf dem KunstRasen zu erleben war. Den Abschluss wird schließlich der Rapper Casper gestalten.


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