Am Ende war der Schrecken groß: Bei der Zugabe des Vollplaybacktheaters (VPT), das am vergangenen Freitag im Bonner Brückenforum eine gewohnt grotesk-absurde Aufführung des Hörspiels „Die Drei ??? und der heimliche Hehler“ aufführte, ist Ensemblemitglied Anna Holtermann unglücklich von der Bühne gefallen und hat sich den Arm gebrochen. Ein tragischer Abschluss für eine an sich herrlich schräge Show zwischen Nostalgie und gehobenem Blödsinn, so wie sie die Chaostruppe seit über 25 Jahren immer wieder auf die Bühne bringt. Auch in der Bundesstadt lief bis zu dem Sturz alles wie am Schnürchen – sehr zur Freude des Publikums, das dem VPT und seinem Trash-Humor längst Kultstatus zuspricht.
Im Grunde hat sich am Konzept des VPT nichts geändert. Einmal mehr wandelt das Ensemble ein „???“-Hörspiel in eine ihre lippensynchrone Inszenierung um – die Schauspielerinnen und Schauspieler
selbst sagen während des gesamten Abends kein einziges Wort – und reichert diese dann mit allerlei O-Tönen aus Film, Funk und Fernsehen an. Justus Jonas, Peter Shaw und Bab Andrews müssen also
nicht nur den Fall um den spurlos verschwundenen jungen Ted lösen, sondern sich auch mit allerlei absonderlichen Situationen und seltsamen Figuren beschäftigen. Gastauftritte von Geisterjäger
John Sinclair und oder Sherlock Holmes sind schon seit Jahren fester Bestandteil solcher Darbietungen, die von den Fans entsprechend gefeiert werden, ebenso wie eine sehr ausführliche Aufzählung
sämtlicher Eissorten; Anspielungen auf „Baywatch“, „Die Truman-Show“, „Independance Day“, „Crocodile Dundee“ oder den D-Movie „Sharknado“ sind aber die eigentlichen Höhepunkte. Herrlich auch,
wenn ein windiger Geschäftsmann den drei Detektiven ein „O“ oder auch mal ein unsichtbares Eis verkaufen will – die Sesamstraße lässt grüßen. Und wenn schließlich in einer Art Schatzkammer
Banksys „Girl with Balloon“ geschreddert wird, weil Peter Shaw mal wieder alles anfassen musste, verbeugt sich das VPT sogar vor der zeitgenössischen Kunstwelt.
Im Vergleich zu früheren VPT-Produktionen kommt „Die Drei ??? und der heimliche Hehler“ zudem mit erstaunlich vielen Musik- und Tanz-Einlagen daher. Das geht allerdings auf Kosten der Handlung:
Während früher gerne mal zwei oder gar drei Hörspiele gleichberechtigt ineinandergriffen, um einen ganzen Abend zu füllen, beschränkt sich das Ensemble diesmal schwerpunktmäßig auf eines, das
dadurch zugleich stringenter wirkt, soweit man dies von einer VPT-Inszenierung überhaupt sagen kann. Unterhaltsam ist die Show dennoch, insbesondere für all jene, die die zahlreichen Anspielungen
und Zitate erkennen – erst dadurch entfaltet sie ihre volle Pracht. Nicht zuletzt deshalb ist die Begeisterung des Publikums von Nostalgie gefärbt, wird doch jede noch so schräge Idee mit einem
„Weißt du noch“-Moment verknüpft. Kein Wunder, dass das Brückenforum überaus gut gefüllt war. Und so soll es trotz des Unfalls von Anna Holtermann auch weitergehen: Zwar mussten die Vorstellungen
in Wolfenbüttel und Baunatal am Wochenende abgesagt werden, alle anderen Termine sollen aber wie geplant stattfinden.
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