Seit Israel sich als Reaktion auf den Terror der Hamas offiziell im Kriegszustand befindet, sind etliche Kulturveranstaltungen mit einem jüdischen Bezug abgesagt worden. Nicht so im Theater im Bauturm: Dort fand jetzt die Premiere der musikalischen Revue „Warschau – New York – Tel Aviv“ von und mit der Mezzosopranistin Dalia Schaechter und dem Pianisten und Sänger Boaz Krauzer statt, die einen Querschnitt durch die Lieder der jüdischen Diaspora in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts präsentierte. Wiegenlieder, Chansons und Jazz-Standards standen auf dem Programm, Werke von Mordechai Gebirtig, George Gershwin, Irving Berlin und Mordechai Zeira auf Hebräisch, Jiddisch und Deutsch, oft traurig und melancholisch, mitunter aber auch das Leben und die Liebe feiernd. Ein spannender, unterhaltsamer, berührender Abend, dank starker Sänger – und einer exzellenten Band.
Dalia Schaechter ist im Theater im Bauturm keine Unbekannte: Die erfahrene Opernsängerin, die seit mehr als 25 Jahren eine der festen Größen der Kölner Oper ist, hat in der Vergangenheit in diesem Haus immer wieder mit Volkslied- und Chanson-Abenden auf sich aufmerksam gemacht. Die Revue ist daher nur die logische Fortsetzung ihres bisherigen Schaffens. Ihr zur Seite stehen neben Krauzer, der neben seiner Souveränität an den Tasten auch mit seiner wunderbar warmen Stimme zu begeistern weiß, Bassist Johannes Esser, Drummer Kurt Fuhrmann sowie Andy Miles, seines Zeichens Solo-Klarinettist des WDR Funkhausorchesters Köln und begeisterter Jazz- und Klezmer-Musiker. Beste Voraussetzungen also für einen grandiosen Abend. Und tatsächlich: Schon der Auftakt ist brillant, mit einer erstaunlich leichten, fast schon augenzwinkernden statt depressiven Interpretation von „Dona Dona“ und einer rhythmisch eigenwilligen Version von „Cheek to Cheek“, in der im Refrain kurzerhand vom Swing zum Cha Cha Cha gewechselt wird. Und das ist nur der Anfang. Vor allem die hebräischen und jiddischen Volkslieder kommen dank des gefühlvollen Gesangs Schaechters hervorragend zur Geltung, während die zwei Gershwin-Nummern („Clap yo’ hands“ und „The man I love“) ihr aus irgendeinem Grund am wenigsten zu liegen scheinen – was zugegebenermaßen Kritik auf hohem Niveau ist. In seiner Gesamtheit geht der Liederabend auf jeden Fall auf; nicht ohne Grund gibt es bei der Premiere immer wieder kräftigen Applaus.
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