So hat man Ana Popović noch nie gehört: Soulig, funkig, mitunter gar poppig kommt die serbische Gitarristin und Sängerin bei ihrem Auftritt in der Harmonie daher. Ee ist ein ganz neuer und vor allem unerwarteter Sound, den die 47-Jährige und ihre Band an diesem Sonntagabend präsentieren, einer, der den Blues zwar würdigt, ihn aber letztlich doch in die zweite Reihe verdrängt zu Gunsten eines forscheren, tanzwütigeren Stils. Auf der einen Seite mag das für manche Hardcore-Fans des klassischen Zwölftakters bedauerlich sein, galt Popović doch lange als eine der großen Blues-Hoffnungen (spätestens nach der Einladung zur „Legendary Blues Cruise“ 2006), auf der anderen Seite ist diese stilistische Öffnung im Grunde eine Weiterentwicklung statt eines Rückschritts – und die Konsequenz eines persönlichen Schicksalsschlags.
2020, genau zwischen zwei Lockdown-Phasen, erhielt Popović eine Brustkrebs-Diagnose. Doch unterkriegen ließ sie sich davon nicht, kämpfte gegen den Tumor auf ihre Art an und schrieb neue Musik.
Erfolgreich, so heißt es. Mit dem Album „Power“ hat sie in diesem Jahr ihre Position verdeutlicht, mit ihren Konzerten noch viel mehr. Die ihr immer schon innewohnende Kraft ist nun
kontrollierter, zielgerichteter, eingebettet in die Arrangements ihrer inzwischen fünfköpfigen, exzellenten Band, bei der vor allem Saxofonist Claudio Giovagnoli und Trompeter Davide Ghidoni
auffallen. Die Bläser schieben die Musik nach vorne und erlauben es Popović, sich von Grund auf neu zu erfinden. Ein Angebot, dass sie nicht ablehnen kann. Selbst wenn es an der ein oder anderen
Stelle vielleicht besser gewesen wäre.
Um es vorweg zu nehmen: Grundsätzlich macht Popović ihre Sache gut, hat sie doch die nötige Kraft und den Impetus nach vorne. Insofern ist es Kritik auf hohem Niveau, den Gesang mitunter als
etwas zu brav und gefällig sowie die Gitarren-Soli als überschaubar zu charakterisieren. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass Popović in der Präsentation noch Luft nach oben hat, nicht zuletzt
wegen so mancher Klischee-Balladen und kitschiger Phrasen. Dafür wird sie stärker, je wuchtiger und rockiger die Stücke sind, ob jetzt mit oder ohne Soul-Färbung. Erneut sind es die Bläser, die
in diesen Momenten brillieren, aber auch Keyboarder Michele Papadia überzeugt. Und wenn die Serbin dann aufdreht und den Soulrock mit dem ihr hinlänglich vertrauten Blues vermischt, gibt es kein
Halten mehr. Das Harmonie-Publikum ist auf jeden Fall begeistert und feiert Ana Popović (sowie den im Vorprogramm spielenden exzellenten Akustikgitarristen Richie Arndt) ausgiebig. Stark.
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