Che Sudaka: Neue Mischungen

Akkordeon, Gitarre und ein Beat vom Band: Das genügt, um die Harmonie in Party-Stimmung zu versetzen. Zumindest wenn Che Sudaka auf der Bühne stehen und ihre eigenwillige Mischung aus pulsierender Rumba, rebellischer Cumbia, Latino-Ska, Techno-Tempo und Punk-Attitüde über der Menge ausgießen. Das „Over the Border“-Festival ist genau der richtige Rahmen für das Trio aus Exil-Kolumbianern und -Argentiniern, das den Saal innerhalb von Sekunden im Griff hat – was keine Selbstverständlichkeit ist, sondern unter anderem Authentizität erfordert. Und über die verfügen Sänger Kacha und seine beiden Bandkollegen Leo und Sergio in rauen Mengen. Ihnen nimmt man ab, dass sie eine gute Zeit haben wollen und trotzdem sozialkritisch sein können, dass sie ihre Fans sowohl zum Feiern als auch zum Nachdenken animieren wollen und dass sie ihre Musik nicht nur lieben, sondern auch leben.

Das Publikum in der Harmonie nimmt das auf jeden Fall auf – und dreht ab. Innerhalb kürzester Zeit ist aus dem Saal ein Treibhaus mit südamerikanischen Temperaturen geworden, angeheizt von wummernden, abwechslungsreichen Rhythmen, die sich allerdings irgendwann zu wiederholen scheinen. Doch zu diesem Zeitpunkt ist das auch egal. Zum Glück, denn nach dem Auftritt von Bernadette La Hengst war dies nicht gesichert. Die Liedermacherin, die sich mit ihrer E-Gitarre gerne mal als Rockröhre zu inszenieren versucht, meint es mit ihren politischen und feministischen Songs ja eigentlich nur gut, kann aber bei ihrem Auftritt nur bedingt überzeugen. Zu einstudiert und zu bemüht erscheinen unter anderem die großen Gesten bei den Gitarren-Soli oder der Sprung vom Bühnenpodest, der nicht zuletzt wegen des eng sitzenden Glitzerkleids alles andere als dynamisch wirkt. Auch Co-Sänger Nick Nutall bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück, trifft aber immerhin die Töne, was man leider weder von der Saxofonistin noch der Posaunistin behaupten kann, auch wenn beide sich redlich anstrengen. Die Reaktion des Publikums ist denn auch bezeichnend: Zwar spendet es immer wieder höflichen Applaus, doch zumindest ein Teil blendet den Auftritt kategorisch aus und unterhält sich stattdessen, was hierzulande doch eher unüblich ist.

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Einen Tag später trifft Reggaeton auf Balkan-Beats, Hip Hop auf Folk und Feuer auf Leidenschaft. Sowohl die Schweizer Rapperin La Nefera (alias Jennifer Perez) als auch die Globetrotter von Malaka Hostel verweigern sich kategorisch allen Schubladen, ignorieren Genre- und Landesgrenzen und geben von der ersten Sekunde an Vollgas. Was auch mit Sousaphon, Schlagzeug und Gitarre funktioniert. Diese Instrumente komplettieren nämlich die Besetzung von La Nefera, was noch verrückter ist, als es klingt – aber dank der beeindruckenden Energie von Frontfrau Jennifer mit ihren spanisch-französischen Texten, dem kraftvollen Drive der Band sowie der Bereitschaft von Blechbläser Victor Hege für die ein oder andere Twerking-Einlage (so einfach lassen sich Rollenklischees umdrehen) spielt das auch keine Rolle mehr. Lässt sich das noch toppen? Nein – aber fortsetzen. Da die Musik von Malaka Hostel zwar musikalisch stringenter und etwas ruhiger aber dadurch nicht weniger tanzbar ist, verliert sich die Energie im Anschluss nicht im Nirvana. Die Freiburger mit ihrer „Global Umpa Music“, die mitunter an die frühen Jahre der 17 Hippies erinnern, rufen vielmehr zur „Dizko Fatale“ auf, bedienen sich beim Reggae ebenso wie beim Gypsy-Swing und wirbeln alles und jeden genüsslich durcheinander. Das Publikum lässt sich denn auch nicht lange bitten und tanzt, was das Zeug hält. Top.


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