Frieda Braun kann man nichts vormachen. Nein, nein, nein, keine Chance – die Sauerländerin mit der Röntgenbrille kennt jeden Trick und jede Illusion. Sie weiß ganz genau, wie Mann denkt, was er will, was er braucht, was er im Baumarkt sucht und was er als Biker wirklich unter seiner Lederkluft verbirgt. Muskeln oder Moschus, das ist hier die Frage. Und die beantwortet des Frieda im Haus der Springmaus nur zu gerne. Immerhin kann sie aus dem Nähkästchen plaudern und unter anderem vom Besuch einer Biker-Gang auf dem Winterberger Marktplatz erzählen, bei dem ein geschlossenes Visier, die Erregung von Brunhilde sowie ein guter Schuss ballistischer Senf eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Klingt schräg, ist noch schräger. Und Frieda Braun ist gerade erst warm geworden.
„Auf ganzer Linie“ ist das neueste Programm von Frieda Braun alias Karin Berkenkopf, gewissermaßen gerade frisch geschlüpft und mitunter noch ein wenig wacklig auf den Beinen. Andererseits ist es
auch analytischer als die Vorgänger, vor allem im zweiten Teil. Da nämlich entlarvt Braun (beziehungsweise die ehemalige Werbetexterin Berkenkopf) die Kniffe einer Branche, die sich der Wirkung
von Angora-Kaninchen und Golden-Retriever-Welpen auf die weibliche Psyche bewusst ist und die um die Gefahren von klingenden Farbnamen ebenso weiß wie um die Wirkung von Bata-Illic-Jingles und
Schlüsselworten. So wie „einfach“, das mögen die Frauen gerne. Männer dagegen wollen sich als „Profis“ angesprochen fühlen, als „Meister“-Handwerker, die deshalb auch entsprechend hochwertiges
Werkzeug brauchen, um eine Oktopus-Lampe an der heimischen Wohnzimmerdecke zu installieren. Was dann auch nicht klappt. Aber das ist vielleicht sogar besser so.
Während der Mann auf der Leiter Respekt verdient – oder zumindest den Verzicht auf schallendes Gelächter –, wird er in anderen Situationen zum Opfer der Betreuungsversuche seiner Frau. Frieda
Braun kann und will es zum Beispiel nicht akzeptieren, dass ausgereichnet ihr Erwin den immensen Deckenvorrat seiner Gattin nicht zu würdigen weiß, obwohl sie sogar entsprechende Textilien in den
Männerfarben grau, blau und schwarz besorgt hat. Trotzdem will Erwin sich nicht pucken lassen, zumindest so lange er sich wehren kann. Tja, Frieda hat’s wiklich nicht leicht. Aber welche Frau hat
das schon, erst recht nach mehreren Jahrzehnten der Ehe. Nicht ohne Grund ist Freundin Mia traumatisiert, nachdem sie mit einer Blaulichtlampe von der Spurensicherung durch ihre Wohnung
marschiert ist. Und auch die anderen Mitglieder von Frieda Brauns „Splittergruppe“ haben so ihre liebe Not mit den Männern. Einzig ihre Cousine Edith scheint die Situation entspannt zu nehmen,
aber die wechselt ja auch jährlich ihre Lebensabschnittsgefährten aus, nachdem sie ihn vom ungehobelten Proleten in eine Kopie von Kai Pflaume verwandelt hat, der ihr dann aber doch zu glatt ist.
Klingt banal, ist aber unglaublich witzig, insbesondere da Friedas Vergleiche so absurd wie die von Olaf Schubert und sprachlich so brillant wie die von Jochen Malmsheimer sind. Das
Springmaus-Publikum ist denn auch restlos begeistert und feiert Frieda Braun mit lang anhaltendem Applaus.
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