OnAir: Der letzte Akkord

Vier der Besten machen Schluss: Mit der Auflösung von OnAir Ende dieses Jahres verabschieden sich einige der stärksten a-cappella-Stimmen des Landes von der Bühne. Mit einer letzten Tour sagt das Quartett, das im Laufe von mehr als einer Dekade zahlreiche renommierte Preise erlangte, derzeit ihren Fans Lebewohl und macht dabei natürlich auch im Haus der Springmaus Station. Dabei greifen OnAir unweigerlich auf ihre oftmals episch arrangierten Klassiker zurück, präsentieren aber auch neues Material – und dem hört man an, dass die Entscheidung den vier Musikerinnen und Musikern alles andere als leicht gefallen ist.

Verschiedene Faktoren haben OnAir dazu bewogen, sich auseinander zu dividieren, darunter gesundheitliche und private Gründe einzelner Mitglieder sowie die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die zu einem deutlichen Einbruch der Besucherzahlen geführt hat. Letzteres war in der Springmaus allerdings nicht wahrzunehmen; OnAir haben einfach eine sehr treue Fan-Basis in Bonn, auch wenn die an verschiedenen Stellen etwas mund- und klatschfaul wirkte. Das hatte allerdings nichts mit der Musik zu tun, die so stark war wie eh und je. Keine andere a-cappella-Gruppe verfügt über einen derart voluminösen, vielschichtigen Sound wie OnAir, was auch, aber nicht nur an der ausgezeichneten Tontechnik liegt, an der gerne eingesetzten Loop-Station, an Hall-Effekten und Stimm-Verzerrern. Derartiges ist nett und erlaubt eine viel genauere Adaption von Massive Attack, Radiohead oder Daft Punk (um nur einige zu nennen), doch in erster Linie ist es das ausgeprägte Gefühl für Dramatik, gepaart mit brillanten Arrangements und Kompositionen. In der Springmaus zeigte sich dies unter anderem bei Sillys „Mont Klamott“, Dua Lipas opulentem „Swan Song“ oder dem umwerfenden „I Am Light“, bei denen jeder der Vier strahlen durfte – Beatboxer Patrick Oliver konnte zwischenzeitlich sogar seiner Liebe zu Phil Collins frönen.

Viele der neuen Songs sind allerdings spürbar von Melancholie geprägt. In der Springmaus wurde zum Beispiel das „Age of Worry“ besungen oder ein neuer Nachmieter für das musikalische „Luftschloss“ gesucht, auf den großen Wurf gehofft oder ein Ratschlag zum Loslassen gegeben. Gleichzeitig öffneten sich die verschiedenen Band-Mitglieder, erzählten von depressiven Phasen und Momenten der Verzweiflung; einiges davon hatte sich nicht zuletzt durch OnAir gebessert. Wie es jetzt weitergeht? Keine Ahnung. Vielleicht ist gerade deshalb auch ein nachdenkliches, sozialkritisches Stück wie „Der blaue Planet“ auf dem neuen Album „New Born“, das in Endenich sehr gut ankam. Bis zum Ende des Jahres wollen OnAir auf jeden Fall noch touren, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, mit wehmütigen und mit mutigen Liedern, bis zum letzten Akkord.

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