Janet Jackson: Genuss fürs Auge aber nicht fürs Ohr

Um gleich mal mit einem Kompliment anzufangen: Janet Jackson sieht man ihr Alter nun wirklich nicht an, zumindest nicht auf der Bühne. Da wirkt sie eher wie eine virile 40-Jährige als eine End-Fünfzigerin, die schon seit 51 Jahren auf der Bühne steht und immer noch in der Lage ist, eine starke Show zu präsentieren. Zumindest sofern das Auge betroffen ist. In der Kölner Lanxess Arena hatte das Ohr im Gegensatz dazu nämlich leider nicht viel zu lachen, dafür ist der Sound einfach zu blechern, zu jaulend, zu laut und zu breiig. Und auch wenn die Erwartungen des Publikums eher in Richtung eines Spektakels gingen als in die eines musikalischen Höhepunktes, erweist sich die Diskrepanz in der Domstadt leider einfach als zu groß, um sie einfach unter den Tisch zu kehren. Zumal Janet Jackson bei einzelnen, ruhigeren Stücken bewies, dass sie beim richtigen Song nicht nur wegen der Lichter alle Blicke auf sich zieht.

Eigentlich sollte man genau das auch erwarten können, schließlich ist Janet Jackson die einstige Queen of Pop und eine der erfolgreichsten Sängerinnen der Welt, zusammen mit ihrem Bruder Michael (mit dessen Video-Bildnis sie in Köln später am Abend noch „Scream“ performen sollte) prägend für eine ganze Generation. Zuletzt war es aber lange still um sie; Ihr letzter Auftritt in Deutschland liegt ganze 13 Jahre zurück, das letzte neue Album („Unbreakable“) neun. Kurz darauf ist sie Mutter geworden, ein guter Grund, um dem umkämpften Musikgeschäft den Rücken zu kehren. Doch jetzt will es Janet offenbar noch einmal wissen, und ja, grundsätzlich weiß die 58-Jährige, der man ihr Alter wahrlich nicht ansieht, immer noch zu begeistern. Ihr Talent für ausgefeilte, präzise durchgetaktete Choreographien und im Mainstream beliebte Songs zwischen Disco, zeitgenössischem R’n’B und Pop steht außer Frage, und auch wenn sie selbst sich inzwischen ein bisschen zurückhaltender bewegt und die dynamischeren Bewegungen ihren vier „Nasty Boys“ überlässt, ist sie doch stets präsent – und immer wieder anders, nicht zuletzt aufgrund diverser Kostümwechsel zwischen den vier verschiedenen Akten, wie Janet die Segmente ihres Auftritts nennt. Mal steht sie im eng anliegenden Glitzer-Kostüm auf der Bühne, mal in einer schweren grauen Robe und mal im bunten Schotten-Karo. Schnell ein Wechsel, wieder raus und weiter, insgesamt fast zwei Stunden lang. Eine bemerkenswerte Leistung, die sich auf musikalischer Ebene aber leider nicht fortsetzt.

Der Konflikt zwischen Gesang und Tanz ist offensichtlich, beides gleichzeitig eine große körperliche und geistige Herausforderung. Janet Jackson, die angeblich am Tag des Kölner Konzerts bereits ein wenig kränkelte, setzt daher vor allem in den Höhen auf technische Hilfsmittel, mit denen der Gesang – sofern er nicht ohnehin vom Band kommt – allerdings gnadenlos glattgebügelt und weichgezeichnet wird, ohne Konturen und ohne Tiefgang. Wie ein Live-Konzert hört sich das nicht immer an. Schade, zumal Janet durchaus über eine schöne Stimme verfügt, wie sie unter anderem bei „Take Care“ oder „Again“ beweist. Zwar ist ihr Organ inzwischen etwas tiefer, das macht sie aber nicht weniger reizvoll. Ganz im Gegenteil. Das hätte Jackson ruhig auskosten können, anstatt zu versuchen, sich in die Sopranlagen zu schrauben.

Doch das ist nur der eine Faktor; viel ärgerlicher ist der viel zu laute, blechern scheppernde Sound der Live-Band, der ohne Rücksicht auf Verluste (und ohne Rücksicht auf die akustischen Besonderheiten der Lanxess Arena) zu einer belanglosen Klangmasse über hämmernden Disco-Sounds verkommt. Dies unterstützt die Tendenz zu langen Medleys nur, in denen sich einige der großen Hits Janet Jacksons kaum entfalten können. Schön ist das nicht, und Fans, die immerhin mitunter mehr als 200 Euro pro Karte bezahlt haben, hätten eigentlich deutlich mehr erwarten können. Etwas mehr Ruhe bringt die Band immerhin in den dritten Akt, vor allem bei „All For You“ und „Alright“. Einfach einen Gang runterschrauben und sich ganz auf die Musik statt auf die Optik konzentrieren ist gar keine schlechte Idee. Andererseits ist das Publikum mit allem zufrieden, so lange nur Janet Jackson auf der Bühne steht und ihm ein paar „Cologne, I love you“-Rufe spendiert. „Wir lieben dich auch“, schallt es irgendwann zurück. Das erklärt und verzeiht vieles. Zu Recht? Das muss jeder selber wissen. Die Euphorie der Menge wirkt sich übrigens auch auf Wyclef Jean aus, der im Vorprogramm auftritt und die Gelegenheit nutzt, um auf seinen Auftritt mit Lauryn Hill und den Fugees am 16. Oktober hinzuweisen.

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