Tino Bomelino: Prophet des Untergangs

Die Welt bricht aus den Fugen. Wissen wir alle. Ist den meisten aber egal. Man kann eh nichts ändern am Klimawandel, am ökonomischen Ungleichgewicht und dem ganzen anderen Mist, also was soll’s. Nach uns die Sintflut. Obwohl: Wenn man Tino Bomelino Glauben schenkt, muss sich die Menschheit über die genannten apokalyptischen Szenarien keine Sorgen machen. Weil sie schon vorher untergeht, abgeschafft durch die sich selbst optimierende Künstliche Intelligenz, die schon in ein paar Jahren soweit sein könnte, um alle anderen Katastrophenschutzpläne über den Haufen zu werfen. Glück gehabt, dann können wir ja weitermachen wie bisher. Doch genau das will der 40-jährige Comedian mit dem Haarschnitt von Olaf Schubert, dem Musikverständnis von Helge Schneider und der Einstellung von Nico Semsrott verhindern – und tut sein Möglichstes, um sein Publikum bei einem Besuch im Haus der Springmaus zu beunruhigen.

Dabei will Tino Bomelino, seit einigen Jahren Sidekick von Torsten Sträter, eigentlich überhaupt nicht den Rufer in der Wüste spielen. Am liebsten würde er zwei Stunden lang nur Quatsch erzählen, so wie er das bei seinen ersten beiden Solo-Programmen gemacht hat. Weg mit den Sorgen, her mit dem Blödsinn. Aber als studierter Informatiker kann er nicht anders, als diesmal etwas substanzieller zu werden, selbst wenn er dadurch zunehmend zum politischen Kabarettisten mutiert. „Warum regen wir uns angesichts der rasanten Entwicklung der KI nicht mehr auf?“, fragt er und liefert die Antwort gleich mit. „Die Menschen können sich nur um ein großes Problem sorgen, und der Klimawandel sowie der Kapitalismus sind da einfach präsenter.“ Dass immer mehr Expertinnen und Experten bei der KI-Entwicklung auf die Bremse treten, wird kurzerhand ausgeblendet, zumal die dazugehörigen Mechanismen für die meisten Menschen schlichtweg zu abstrakt sind. Auch für Bomelino. „Wir wissen eigentlich gar nicht, wie sich eine KI entwickelt“, sagt er.

 

Trotzdem versucht er, zumindest ein bisschen Aufklärungsarbeit zu leisten, oft mit Hilfe von Comics, aber auch mit Hilfe immer kleinerer und immer süßerer Hunde – schließlich kann man die KI ja auch nutzen, während man vor ihr warnt. Zwischendurch untersucht er noch den lautesten Ort der Welt (das Fußballstadion), singt ein Lied für eine Versicherungsvertreterausbilderin und bekennt, dass er statt in einer Urne in einer Rassel bestattet werden will. Zumindest weiß er an diesen Stellen genau, ob das Publikum noch bei ihm ist; in den etwas theoretischeren Passagen verzweifelt er dagegen mitunter an fehlenden Reaktionen des ihm aufmerksam lauschenden Publikums, das sich einfach nicht an die Absprachen mit „ah“-, „oh“- und „uh“-Rufen hält. Diese Zurückhaltung mag daran liegen, dass Bomelino sich selbst noch nicht so ganz sicher zu sein scheint, wie er Wissen und Witz zusammenbringen soll. Mit seiner ansonsten herrlich konfusen Art der Comedy ist das schwer vereinbar. Aber auch das hat einen gewissen Charme – und zumindest kann die Apokalypse jetzt kommen.

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