
Vor 20 Jahren waren Franz Ferdinand ganz oben. Die Schotten katapultierten sich damals an die Spitze des Britpop, indem sie Elemente des New Wave und des Rock hineinmischten, ein paar dunkle Elemente hinzumischten und das Gaspedal durchdrückten, um einen herrlich tanzbaren und gleichzeitig krachenden Sound zu schaffen. Die Position an der Spitze haben die Thronfolger – Franz Ferdinand benannten sich nach dem habsburgischen Thronfolger, dessen Ermordung in Sarajevo 1914 zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte – inzwischen nicht mehr inne, live sind sie aber weiterhin für eine Party gut. Auch mitten im Karneval. Und so lockt die Band ein buntes Publikum in die Kantine, Teenager ebenso wie Mittfünfziger, schwarzgewandete Semi-Goths ebenso wie den ein oder anderen Jecken, die alle nur das eine wollen: Spaß. Was sie auch bekommen.
Die Band fühlt sich im Kölner Norden sichtlich wohl, als sie pünktlich um 21 Uhr auf die Bühne kommt (von der Vorband war im Vorfeld keine Rede gewesen, was vielleicht auch besser so war). „Es ist als würde ich heute Abend ausschließlich mit Freunden abhängen“, sagt Frontmann Alexander Kapranos, der vor allem während der ersten Stücke wie ein Flummi auf der Stelle hüpft und mit seinen Sprunggrätschen durchaus auch als Funkenmariechen durchgehen könnte – abgesehen von dem schwarzen Anzug. Dabei wechselt er zwischen Klassikern und Stücken des neuen, von der Kritik gefeierten Albums „The Human Fear“, das im Mittelpunkt des Konzerts steht.
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Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt: „The Doctor“ ist zum Beispiel sowohl textlich als auch melodisch recht banal. Andererseits folgt darauf mit „The Dark of the Matinée“ eines der beliebtesten und besten Stücke von Franz Ferdinand. Kurz darauf, bei „Do You Want To“, ist es das Publikum, das springt und jubelt, ebenso wie beim starken „Bar Lonely“. Stilistisch bleiben Franz Ferdinand dabei ihrem Erfolgsrezept treu, auch wenn „The Human Fear“ insgesamt etwas dunkler ist, etwas volltönender und mit prägnanteren Synthi-Phrasen, für die inzwischen Julian Corrie zuständig ist.
Eine wirkliche Revolution starten Franz Ferdinand hingegen nicht. Immerhin kommt aber mit der Mandoline bei dem fast schon an einen Sirtaki erinnernden „Black Eyelashes“ eine neue Klangfarbe hinzu, die der Band hervorragend steht. Dann eine Überraschung: Die Hit-Single „Take Me Out“, mit der die Schotten einst ihren Durchbruch hatten, widmet Alex Kapranos dem Trio The Great Leslie, das derzeit mit Britpop der nächsten Generation im Finale des deutschen Eurovision-Songcontest-Vorentscheid steht. Was für eine Ehre. Danach dürfen bei „Hooked“ auch Master Peace aus dem Vorprogramm auf die Bühne kommen, bevor es nach einer guten Stunde in die Zugabenrunde geht. 90 Minuten, kennt man ja. Immerhin ist das Publikum begeistert – und solange Franz Ferdinand die Menschen so zum Feiern und Tanzen bringen kann, machen sie im Grunde alles richtig.
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