Was wäre, wenn – eine der beliebtesten Fragen überhaupt. Und eine gute. Auch oder gerade weil sie manchmal äußerst skurrile Antworten fordert. So wie in dem Stück „Helmut Kohl läuft durch Bonn“, das am vergangenen Mittwoch in der Werkstatt des Theaters Bonn uraufgeführt wurde: Eine von Absurditäten nur so strotzende Collage alternativer Geschichten über den Einheitskanzler, gespickt mit Banalitäten, Verdrehungen und Anekdoten. Von historischer Korrektheit kann hier keine Rede sein, doch das entspricht auch nicht der Intention des Autorenduos Michel Decar und Jakob Nolte.
„Magdalena, das ist dein Trick, das ist den Applaus.“ Aufgabe: Ersetze den Namen durch einen anderen und wiederhole den Satz. Ergebnis: Willkommen bei der Zaubershow von Erasmus Stein, dem großen Mitmachzirkus der Taschenspielerei. Im Pantheon Casino hat der selbsternannte Wirklichkeitsverdreher mit überbordender (und teils übertriebener) hyperaktiver Freundlichkeit ein teils faszinierendes, teils albernes Trick-Potpourri aus dem imaginären Hut gezogen, bei dem Sanifair-Bons in 20-Euro-Scheine transformiert, Gedanken und Karten gelesen und ein Seil wieder geeint wird. Kurzum die gesamte Bandbreite klassischer Bühnentricks. Natürlich immer mit Hilfe aus dem Publikum. Zwangskandidaten in einer halluzinogenen Gameshow mit exzellenter Technik – und leider viel zu viel Blödsinn.
Zwölf Monate ist es jetzt her, dass die Mittelalterrockband Schelmish im Brückenforum zum letzten Tanz aufspielte. Nach 13 Jahren sollte Schluss sein, zumindest unter diesem Namen. Doch die Fans waren adamant: Über 700 von ihnen forderten innerhalb von 24 Stunden nach dem Abschlusskonzert die Rückkehr der Schelme, die sich dieser gewaltigen Beschwörung nicht entziehen konnten. Und so rauften sie sich erneut zusammen, entrissen Sänger Dextro der Westerwälder Erde, warfen etwas Traubenzucker in seinen Sarg und zelebrierten am Freitag, den 13., ihre Wiederauferstehung. Zumindest für eine Nacht.
Es ist ein nostalgischer Blick zurück, und in Katja Ebsteins Stimme schleicht sich prompt der typisch kindliche, knötternde Tonfall, mit dem zahllose Eltern die Aufmerksamkeit ihres Nachwuchses zu fesseln versuchen. Zurück, das heißt für die Sängerin, die mit ihrem Weihnachtsprogramm „Es fällt ein Stern herunter“ im Pantheon ist, eine Reise in jene Zeit, in der am Heiligabend der Kaminofen bollerte, echte Kerzen die große, möglichst selbst geschlagene Nordmann-Tanne illuminierten und vor der feierlichen Bescherung Lieder und Geschichten ihren festen Platz hatten. Keine Hektik, sondern Besinnlichkeit. Nur mit Substanz: Der Mensch soll sich darauf besinnen, gütiger zu werden, das ist Ebsteins Ansatz. Eben jenes Gefühl will die 68-Jährige nun auch vermitteln. Da ist kein Platz für „Theater“ oder „Wunder gibt es immer wieder“ (obwohl letzteres durchaus zum Thema gepasst hätte) – ebenso wenig jedoch für den hinlänglich bekannten unreflektierten Sermon vieler traditionellerer Weihnachtsfeiern.
Das Geständnis kommt gleich zu Beginn. „Bevor es Missverständnisse gibt: Ich hab sie nicht alle“, erklärt Matthias Brodowy, bekennender Chaotiker („ich bin kein Chaot, ich mache das bewusst“), Multitasking-Kabarettist und Vertreter des gehobenen Blödsinns. Bei letzterem ist das Adjektiv entscheidend, denn der Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2013 will auch im Bonner Pantheon nicht ziellos herumalbern, sondern der Gesellschaft den Spiegel vorhalten, die Komik des Alltags entlarven und die Logik der Zahlen ad absurdum führen, die die Welt immer weiter in den Wahnsinn zerrt.
Weihnachtskonzerte. Überall finden derzeit Weihnachtskonzerte statt. Irgendwie muss man die Menschen ja in die richtige Stimmung bringen. Also erklingen Klassiker wie „Gloria in excelsis“ und „White Christmas“ aus allen nur erdenklichen Hälsen und Instrumenten – so auch in der Harmonie, in der das Bonn Jazz Orchester zum zweiten Advent eben jene besinnlichen Stücke auf ihre ganz eigene Art und Weise präsentierte. Im typischen Bigband-Sound swingten Saxofone, Posaunen und Trompeten Kirchenlieder wie „Kommet ihr Hirten“, Traditionals wie „Hark! The Herald Angels sing“ oder All-Time-Favorites wie „Jingle Bells“ und wurden dabei in einigen, leider zu wenigen, Momenten von der bezaubernden Anikó Kanthak unterstützt.
Am Ende sitzt fast niemand mehr. Tanzen ist angesagt, Two-Steps, Jigs und Walzer, auch ein Boogie ist dabei. Die Bonner Cajun-Band Le Clou hat das Publikum von den Stühlen gerissen, ist wieder aus den wunderbar sumpfigen Tiefen ihrer Musik aufgetaucht, in die sie sich manchmal gerne zurückzieht, und sorgt jetzt einmal mehr für Stimmung. Eine Wellenbewegung, die sich durch das gesamte Konzert der Formation in der Harmonie zieht: Flotte Hillbilly- beziehungsweise Western-Swing-Stücke rahmen Balladen, in denen französische Einflüsse auf die drückende Schwere der Bayous treffen, auf Mondscheinwhiskey und Alligatorenblut, nach nasser Erde riechend, nach Schweiß und nach überbordendem Pflanzenleben.
Früher war alles besser. Oder zumindest einfacher. Die Männer waren auf der Jagd, die Frauen beim Beeren- und Blümchenpflücken, und am Abend wurde gegrillt. Bis das weibliche Geschlecht auf einmal Anspruch entwickelte und alles den Bach runterging. Sagt zumindest Paul Panzer. Der Radio-Comedian mit dem grellen 70er-Jahre-Hemd und dem markanten Sprachfehler hat sich in seinem neuen Programm „Alles auf Anfang“, das er am vergangenen Freitag in der ausverkauften Beethovenhalle präsentierte, mit dem Verhältnis von Mann und Frau beschäftigt – und für dieses hinlänglich bekannte Thema letztlich nicht viel mehr gemacht als Elemente aus „Caveman“, alten Ingo-Appelt- und neuen Mario-Barth-Programmen zu vermengen und mit einer kleinen Prise Vince Ebert zu bestäuben. Der Plan geht auf, die Pointen zünden – doch irgendwie hat man das alles schon einmal gehört.
Schon am Eingang des Saals der Brotfabrik wartet das weiße Kaninchen, begrüßt die Zuschauer in seinem Bau, der sie wie Alice ins Wunderland führen soll. Und schon dort dürfte es dem ein oder anderen äußerst ungemütlich werden. Denn aus dem hektischen, aber liebenswerten Disney-Zeitgenossen ist ein krankhaft hyperaktives, sich wie ein auf einer Entziehungskur befindlicher Mensch ständig kratzendes kalkfarbenes Gespenst geworden – die dunkle Version eines jener skurrilen Geschöpfe, mit denen Lewis Carroll seit 150 Jahren Kinder und Erwachsene gleichermaßen in seinen Bann zieht. Und es bleibt nicht das einzige.
Es wirkt irgendwie schizophren, dieses Spiel von David Fischer. Also genau so, wie es sein soll. Der Mono-Dialog „Der Teufel“ zwischen Iwan Fjodorowitsch und seinem imaginären diabolischen Gast, der ein Kapitel aus Fjodor Dostojewskis Mammutwerk „Die Brüder Karamasow“ ist und den Fischer unter der Regie von fringe-Ensemble-Chef Frank Heuel nun erneut im Theater im Ballsaal präsentiert, hat schließlich ein Nervenleiden zur Ursache, ist Ausdruck einer Wahnvorstellung eines Mannes, der an Gott und allen Werten (ver-)zweifelt.
Feuerspucker, Akrobaten, Puppenspieler und jede Menge Tiere: Für Jonathan Doves moderne Familienoper „Pinocchioas Abenteuer“, die bereits in Leeds, London, Minnesota, Chemnitz und Moskau für Furore sorgte, hat die Oper Bonn bei der Premiere am vergangenen Sonntag einen riesigen bunten Circus auf die Bühne gebracht, einen fantastischen Reigen, der eine kontinuierliche Veränderung fordert.
Singen will gelernt sein. Vor allem, wenn man eine Rolle in einem Semi-Musical hat, das für die ganze Familie ausgelegt ist. Ohne saubere Töne geht es eben nicht. Wie bei „Peter Pan“, das das Theater Bonn jetzt in den Kammerspielen Bad Godesberg auf die Bühne bringt, leider offensichtlich wurde. In der Premiere am vergangenen Samstag zeigten sich unter der Regie von Katja Wolff teils massive musikalische Schwächen – zusammen mit einer übertrieben aufgesetzten Kindhaftigkeit, mäßigen Kompositionen und einigen dramaturgischen Mängeln drohte der Aufführung so der völlige Niedergang. Bis Käpt'n Hook und sein getreuer Smee das Stück doch noch ein Stück weit aus dem Krokodilsrachen der Belanglosigkeit ziehen konnten.
Sie lieben und sie streiten sich: Die Herren Böll (Andreas Etienne) und Zimmermann (Michael Müller), die Hauptfiguren des Nachbarn-Weihnachts-Best-ofs „Manche mögen's weiß“ im Haus der Springmaus, können nun einmal nicht mit und nicht ohne einander. Gerade in der Vorweihnachtszeit liegen manchmal die Nerven blank, immerhin gilt es, in der Dunkelheit noch schnell passende Geschenke zu finden, Oberfräsen und Theaterkarten in die richtigen Hände zu legen und kleine Schneemänner für den selbst organisierten Weihnachtsmarkt zu basteln. Da hilft es, wenn man einen Gleichgesinnten an seiner Seite hat – selbst wenn es der nervende Nachbar ist.
Er hat keine Lust mehr auf Comedy, auf Massenunterhaltung, auf Asoziale im Publikum, die nur nach der nächsten Beleidigung gieren – nein, Serdar Somuncu, das enfant terrible der deutschen Kleinkunstszene, will lieber einen Schritt zurücktreten, lieber vor 300 Leuten im Pantheon als vor 900 im Brückenforum spielen und dabei auch noch seiner zweiten Leidenschaft, der Musik frönen. Doch wie sich am vergangenen Mittwoch zeigte: Mit einem Neuanfang hat das neue Programm „Sexy Revolution“ relativ wenig zu tun. Dafür leider viel mit einem Niedergang.
So voll war die Bühne des Euro-Theaters wahrscheinlich noch nie: Sieben Jungschauspieler haben sich bei der Premiere von Schillers „Kabale und Liebe“ auf engstem Raum zusammengetan, um Leidenschaften unter Ränkespielen zu begraben. Ein Experiment für alle Beteiligten, denn die klassische Inszenierung von Heike Bänsch dient als Abschlussstück von Schülern der Arturo-Schauspielschule Köln und bringt die Räumlichkeiten des kleinen Bonner Theaters an seine Grenzen.
Er ist einer der letzten großen Geschichtenerzähler und wird doch von vielen nur für einen Party-Hit geliebt: Klaus Lage, seines Zeichens Rocker und Liedermacher gleichermaßen. In den vergangenen Jahren hat er mehr und mehr die Balance zwischen den beiden Genres gesucht und gefunden, hat Akustik-Solo-Tourneen gemacht und mit seiner Band neue Platten aufgenommen. In der Harmonie war er nun, von seinen beiden Gitarren Blondie und Blacky abgesehen, im Rahmen seiner „Zeitreise“-Tour wieder ganz allein auf der Bühne – und sorgte für einen unvergesslichen Abend.
Kennt jemand noch die Formation Cultured Pearls? Stichwort „Sugar Sugar Honey“? Das Trio hat in den 90ern mit lockerem Soulpop die Charts gestürmt, nicht zuletzt dank der charismatischen Stimme
von Frontfrau Astrid North. Die wandelt inzwischen auf Solopfaden, die sie am vergangenen Dienstag in die Harmonie geführt haben. Doch vom Gute-Laune-Perlen-Soul ist sie inzwischen weit entfernt,
versucht sich in tieferen Gewässern – und droht darin zu ertrinken.
Weiter wie gehabt: Große klangliche Experimente hat Julian Sas auch im dreizehnten Jahr seiner regelmäßigen Harmonie-Besuche nicht im Repertoire. Reggae-, Funk- oder Songwriter-Elemente, wie sie manche seiner Kollegen gerne nutzen, scheinen für den Niederländer tabu. Aber wieso auch nicht? Mit seinem krachend gradlinigen Bluesrock kommt er hervorragend an, die harten, vorhersagbaren Zwölftakter sind sein Markenzeichen. Und, daran lässt er in der Harmonie keinen Zweifel, dieses Genre beherrscht er meisterhaft. Routiniert jagt der 43-Jährige über die Saiten, gibt Gas, lässt seine Gitarre jaulen, kreischen, singen. Für seine Fans, die in Scharen zu dem Konzert in seinem „zweiten Wohnzimmer“ gekommen sind, ein Hochgenuss. Jeder Song wird gefeiert, während Sas mit seiner dunklen, leicht angerauten Stimme diesen kurz ansingt und sich dann in ausgiebigen, technisch exzellenten Solo-Partien austobt, unterstützt von „Base Machine“ Tenny Tahamata und dem Drummer Rob Heinje.
Energiegeladen legt die Bruderschaft los, die Royal Southern Brotherhood, diese Supergroup, die nach ihrem Erfolg beim WDR Crossroads-Festival vor einem Jahr nun erneut das Publikum in der Harmonie Bonn in ihren Bann zieht. Mal ziemlich flott, dann wieder etwas ruhiger, immer aber mit dem Gespür für den Bluesrock der Südstaaten zaubern die fünf Musiker exzellente Melodien aus dem Hut, dabei sowohl Stücke vom ersten Album der Band präsentierend als auch ein paar Songs aus den Solokünstler-Zeiten. Sowohl Cyril Neville (einer der Neville Brothers) als auch Devon Allman (der Sohn von Rock- und Blueslegende Gregg Allman) und Gitarrist Mike Zito greifen zum Mikro, jeder mit zum eigenen Stil passenden Stücken.
Senioren-Soli sind derzeit unter Entertainern anscheinend sehr beliebt. Überall Ein-Mann-Stücke über das Altern. Henning Venske macht es, zuletzt Jochen Busse, jetzt eben Karl Dall. Letzterer ist seit gut einem Jahr mit „Der Opa“ von Bjarni Haukur Thorsson auf Tour und machte in den vergangenen zwei Tagen im Pantheon Station. Dall selbst sieht sich in der Rolle seines Lebens – und das Publikum konnte nur mit teils entsetztem Blick dabei zusehen, wie der ehemalige Anarcho-Blödel-Meister sich vor grauenhaft projizierten Aquarell-Verschnitten mühsam durch ein inkohärentes, von banalen Witzen überflutetes Stück hangelte und dabei stellenweise das Niveau in den Mariannengraben zog.
Er hasst Fußball. Wahrscheinlich schon allein deswegen, weil wegen eines einzigen Spiels weitaus weniger Menschen zu seinem Konzert kommen als gewöhnlich. „Erzählen Sie Ihren Bekannten bitte, was die verpasst haben“, sagt Pete York zu Beginn seines Auftritts in der Harmonie. Kein Problem: Sie haben was verpasst. Und zwar ausgezeichnete Musik. Klassischen, formvollendeten Swing von einem herausragenden Schlagzeuger, der mit drei nicht minder exzellenten jungen Kollegen (wobei „jung“ aus Sicht des 71-jährigen Yorks eine etwas andere Bedeutung zu haben scheint als allgemein üblich) Count Basie seine Reverenz erweist.
Wie eigentlich jeden Herbst zieht so langsam die erste Erkältungswelle übers Land – und die Mitglieder von BonnVoice hat es voll erwischt. Mehrere Stimmen seien angeschlagen, wurde im Vorfeld ihres Konzerts im Pantheon gemunkelt. Ausgerechnet in ihrem „Wohnzimmer“, wie der Chor den Kleinkunsttempel bezeichnet. Doch die Gruppe um Leiter Tono Wissing zog den Auftritt durch – und konnte trotz mancher Schwächen letztlich begeistern.
„Drei Seelen schlagen, ach, in meiner Brust“, sagt Eckart von Hirschhausen, der Wissenschaftsjournalist, Mediziner und Zauberkünstler in einer Person ist. In seinem neuen Programm „Wunderheiler“, das gestern in der Oper Bonn seine offizielle Premiere feiern durfte, fokussiert sich der 46-Jährige nun auf die Magie in seiner Berufswelt (was durchaus spannend hätte sein können), genauer gesagt auf den Gegensatz zwischen ehrwürdiger Schulmedizin und esoterisch angehauchter Homöopathie (was leider ein bereits ziemlich angestaubtes Thema ist).
Wie lockt man einen Jugendlichen, der im Dschungel unter Wölfen aufgewachsen ist, in die Zivilisation? Mit Torte und Mädchen. Zumindest in der Version von „Das Dschungelbuch“, das am Sonntag im Jungen Theater Bonn (JTB) Premiere hatte. Kindgerecht hat Regisseur Moritz Seibert in Anlehnung an die Geschichten Rudyard Kiplings den Stoff aufbereitet, zugleich aber immer wieder auf die Einflüsse des Disney-Zeichentrickfilms verwiesen. Ähnlich frei wie in diesem verwandelt sich auch in Seiberts Fassung die an sich recht düstere Erzählung in eine harmlose, verniedlichte. Die das Ensemble ansprechend umsetzt. Nur auf die eingesprenkelten Lieder hätte man gut verzichten können...
Techniken in Perfektion: Hinterm Rücken, mit der Zunge oder mit einem Bierglas als Bottleneck-Ersatz entlockt Randy Hansen in der Harmonie ganz im Stile von Jimi Hendrix seiner Gitarre Töne, lässt sie jaulen, kreischen, wimmern, krachen und singen. Die Fans – eigentlich eher Jünger – im Publikum sind begeistert, feiern den Mann, der eine Rock-Ikone nicht nur imitiert, sondern beinahe verkörpert. Manche Kritiker haben in der Vergangenheit gar von einer Reinkarnation gesprochen; ein Lob, das mit Blick auf das Gitarrenspiel des US-Amerikaners durchaus seine Berechtigung hat. Nicht umsonst gilt Hansen als einer der besten Hendrix Tribute Acts weltweit, was er auch in Bonn eindrucksvoll unter Beweis stellt.
„Wer denkt, das Original ist brutal – das lässt sich steigern“, verspricht Sarah Hakenberg. Und tritt im Pantheon-Casino zugleich den Beweis an: In ihrem fröhlich gesungenen „Struwwelpeter Reloaded“ werden Kinder mit Drogen vollgepumpt, zu Serien-Tiermördern erzogen und verstümmelt – was aber nicht so schlimm ist, so lange wenigstens das Handy noch bedienbar ist. Ach für jedes Handicap gibt es eine Handy-App. Oder eine andere Lösung. Denn im Gegensatz zu dem inzwischen fast 170 Jahre alten Original haben Hakenbergs Lieder einen, wenn auch ziemlich makaberen, Trend zum Happy-End. Die Hoffnung auf eine Katharsis, auf eine Läuterung durch die Tragödie, dominiert ihr Programm – doch gerade diese Option ist oft die erschreckendste.
Ausverkauft. Mal wieder. Die Konzertreihe „Jazz in Concert“, die das Bonner Pantheon zusammen mit Thomas Kimmerle erstmalig veranstaltet, ist bereits mehr als ein gelungenes Experiment. Ein Grund dafür dürfte nicht zuletzt die hohe Qualität der eingeladenen Musiker sein, die im Pantheon Casino aufspielen. Am vergangenen Montag war mit Rick Margitza ein weiterer Ausnahmemusiker zu Gast, ein Saxofonist, der schon mit Miles Davis, Maynard Ferguson und Chick Corea gespielt hat und nun in einer vom Kölner Trompeter Peter Protschka zusammengestellten exzellenten Quintett-Besetzung zu erleben war. Fünf brillante Musiker mit viel Spaß am Spiel. Zumindest in den Solo-Phasen, in denen sie ausbrechen konnten aus dem doch recht einheitlichen, fast schon monotonen Kompositionskonzept, das sich durch die von Protschka und Margitza geschriebenen Stücke zog.
„Über uns sagt man oft, dass wir gar nicht nach Rock aussehen“, erklärt Luc Devens. „Wir sind viel zu nett, viel zu brav.“ Ein Vorurteil, das leider zutrifft. Denn auch wenn die Idee hinter dem niederländischen a-capella-Quartett Rock4 darin besteht, „zu singen, was wir wollen, wo wir wollen und wie wir wollen“, fordern die Stücke, die die Vier in ihrem Programm „Voices“ im Pantheon zum Besten geben, doch auch eine gewisse Spannung. Und genau daran mangelt es in vielen Fällen. Uninspirierte Arrangements, die sich oft wie Kaugummi ziehen, werden den Originalen nur bedingt gerecht, ebenso wie die häufigen Intonationsschwächen in jenen Höhen, in die sich Frontmann Devens mit bemerkenswertem Elan immer wieder hinaufschwingt. Dabei kann Rock4 weitaus mehr. Manchmal.
Es soll Menschen geben, die den Blues im Blut haben. Und zwar im negativen Sinne. Die Betroffenen wären demnach schwermütig, traurig, depressiv. Ein Zustand, den Albie Donnelly bei einem Supercharge-Konzert abschaffen möchte. In der Harmonie bläst und singt der Saxofonist mit seiner Band dagegen an, übernimmt selbst den (Rhythm and)-Blues-Part und gibt dem Publikum die gute Laune zurück. Das hat schon früher bestens funktioniert: In den 80ern spielte Supercharge (damals in einer Kollaboration mit der Liverpooler Band Juke) unter anderem auf der Hochzeit von Tina Onassis sowie auf Partys von Gunter Sachs und Adnan Khashoggi. Musik für die Superreichen. Und jetzt eben für die Harmonie-Besucher.
Ein Mann und seine Gitarren, mit dem Fuß den Rhythmus auf einer liegenden Cajón tretend: Das ist Wolf Maahn in Reinkultur. Der Deutschrocker und Liedermacher liebt es reduziert, intim – dann kann er dem Publikum, wie jetzt etwa am in der Harmonie, ganz nah sein. „Das ist fantastisch heute Abend“, sagt er mit Blick auf seine Fans. Die ihm entsprechend antworten: „Du bist der Größte“, schallt es aus der Menge zurück. Lob, das für Maahn zum Treibstoff wird. Damit kommt er an dem stilisierten, leuchtenden Bühnenmond vorbei bis zum Rand der Galaxis, von dem laut aktuellem Tour- und CD-Titel seine Lieder stammen. Und wieder zurück, zu den ganz irdischen Problemen, die er in vielen seiner Stücken anspricht.
„Sie brauchen sich für nichts zu schämen, dafür ist es schon zu spät“, ruft der allwissende Altbauer, der in bester Cattle-Coaching-Manier dem Pantheon-Publikum (anstelle von normalerweise sehr zahlungsbereiten Managern) eine tierische Erfahrung ermöglichen will. Und fordert wieder zum kollektiven Muhen auf, zum Ausstoßen des Urtons, um die Energie der Rindviecher zu spüren. Warum? „Die meisten Entscheidungen in der deutschen Wirtschaft sind ganz klar Pansen-Entscheidungen“, erklärt der selbsternannte Guru, hinter dem der Prix-Pantheon-Preisträger Maxi Schafroth steckt. Daher auch sein Mantra „Ich habe einen Pansen“. Bitte einmal im Chor! Also ruft's der ganze Saal. Noch etwas zurückhaltend, aber immerhin. Der anfängliche Ratschlag scheint gewirkt zu haben.
Irgendwie kennt man das alles: Diese Harmonien, diese Melodien, selbst die Soli. Könnte man eine E-Gitarre mit ans Lagerfeuer nehmen, Aynsley Listers Songs würden dort wahrscheinlich ebenso gerne gespielt werden wie die von Bryan Adams. Was eigentlich schade ist, wurde Listers Name früher doch in einem Atemzug mit Joe Bonamassa, Derek Trucks und Buddy Guy genannt, wurde ähnlich wie Jonny Lang sehr früh sehr hoch gehandelt. Doch der britische Blues-Gitarrist, der am vergangenen Montag in der Harmonie vor gut 300 Fans spielte, scheint inzwischen mehr auf die gemäßigten denn auf die aufregenden Töne zu stehen: Sein Konzert, bei dem er sein neues Album „Home“ vorstellte, strotzte vor Nettigkeiten, schönen Melodiefolgen, gefälligen Instrumentalparts. Kurzum ein überraschend konservativer Auftritt.
Eigentlich ist es ganz einfach: Ein ständiger Wechsel von 3-gegen-4 und 2-gegen-3 ergibt 5-gegen-7. Für Schlagzeuger doch kein Problem, schließlich gehören die Bestandteile zu den grundlegenden Polyrhythmen. Zumindest in der Theorie. Doch was Terry Bozzio am vergangenen Sonntag im Forum der Bundeskunsthalle dargeboten hat, lässt in Komplexität und Ausdruck schon fast etwas Magisches erkennen. Der ehemalige Schlagzeuger von Frank Zappa, der hinter seinem Riesen-Set sitzend ein bemerkenswertes „Drum-Summit“-Solo-Konzert spielte, zählt zu den besten seines Fachs, ein Genie an Toms, Becken, Base-Drums und was sonst er rund um sich herum aufgebaut hatte.
Es gibt ein geflügeltes Wort: „Sein Herz auf der Zunge tragen“. Ehrlich sein, authentisch, sein Innerstes ausschüttend. Die reinste Inkarnation dieses Sprichworts hat am vergangenen Samstag in der ausverkauften Harmonie die Massen berührt: Charles Bradley, der Prediger der Liebe, öffnete bei seinem Konzert im Rahmen des WDR Crossroads-Festivals die Tiefen seiner Seele, jeder Song ein Bekenntnis, eine Offenbarung im wahrsten Sinne des Wortes. Und nur zum Teil hat das etwas mit der Geschichte des 64-Jährigen zu tun, der erst vor zwei Jahren sein Debüt-Album veröffentlichte.
Wieder geht ein Kick hoch in die Luft. Danach ein paar Sprünge, ein paar Grimassen, und weiter mit solidem Bluesrock. Chris Barron, Spin-Doctors-Frontmann und offenbar ausgeflippter Karate Kid, ist bester Laune. Zu recht. Immerhin ist seine Band im 25. Jahr ihres Bestehens so gut wie schon lange nicht mehr, wie sie jetzt auch beim WDR Crossroads-Festival in der Harmonie beweisen konnte. Mit dem neuen Album „If the River was Whiskey“ kehrt das Quartett zu seinen Wurzeln zurück, bis hin zur „Trucking Company“ von Eric Schenkman, Chris Barron und „Mister Blues Traveller“ John Popper.
Das erste Album mit 14, mit 17 der Auftritt bei „Blues Brothers 2000, bei dem er Wilson Pickett und Eddie Floyd ausdrucksstark unterstützte, danach Tourneen mit Aerosmith, The Rolling Stones und B.B. King, mit 19 die erste Grammy-Nominierung: Um die Jahrtausendwende galt Jonny Lang als eines der großen Wunderkinder des Blues, mit einer rauen Stimme beschenkt, die eher nach einem 50-jährigen, täglich Whiskey trinkenden Veteranen klang denn nach einem Teenager. Dazu noch herausragende Gitarren-Qualitäten – was konnte da schief gehen?
Wenn er ehrlich ist, hat er von der ganzen Meckerei die Nase voll. Aber selbst Heinz Becker kann seine Natur nicht verleugnen. Selbst wenn er das wollte. Und so kommentiert der wohl berühmteste Batschkapp-Träger Deutschlands im Pantheon, in seinem typischen saarländischen Dialekt resigniert nörgelnd, Belanglosigkeiten und Weltpolitik gleichermaßen. Schnell wird eins klar: Der Mann hat keine Ahnung. Davon aber jede Menge. Und zugleich so viel Hintersinn in den grauen Zellen unter der brauen Mütze, dass kaum etwas so ist, wie es scheint.
Ein wabernder Trance-Bass jagt durch das bis auf den letzten Platz gefüllte Pantheon-Casino, darüber Sphärenklänge, helle Beats und Harmoniesequenzen im sich ständig leicht ändernden Kreislauf. Alles deutet auf eine Techno-Party hin, zu der sich junge Menschen in Trance tanzen – bis der Blick Richtung Bühne schweift. Dort stehen die zwei Damen und die vier Herren von JuiceBox und zeigen den begeisterten Zuschauern, dass Synthesizer völlig überbewertet werden. Wozu gibt es schließlich die menschliche Stimme.
Eigentlich ist es ja eine Rock-Oper. Und ein ehemaliges Skandal-Musical. Ein Stück mit jeder Menge Strahlkraft, kraftvollen Songs und potenziell wagemutigen Szenen. Nun hat sich das Theater Bonn „Jesus Christ Superstar“ angenommen – und aus dem Stern einen Kreis gemacht. Das Ergebnis ist rund, ohne Ecken und Kanten, mit großartigen Sängern, aber einer viel zu zaghaften Inszenierung und Choreographie. Und vielen vertanen Chancen...
Die Deutschen sitzen seit Jahren immer wieder an einer von Angela Merkel höchstpersönlich gefälschten Haltestelle, warten auf den Bus der Veränderung, der grundsätzlich nicht kommt, und gehen zum Abendessen nach Hause, zufrieden darüber, dass man sich zumindest auf einige Dinge noch verlassen kann. Ein trostloses Bild, das Christoph Sieber in seinem nicht mehr ganz taufrischen Programm „Alles ist nie genug“ zeichnet. Überall sieht der Kabarettist, der jetzt im Pantheon zu Gast war, das politische und gesellschaftliche Scheitern – und keinen interessiert es.
Wenn Max Uthoff dürfte, wie er wollte, würde es wahrscheinlich Prügel setzen. Mit der zusammengerollten Bild-Zeitung feste drauf auf die ganze Politiker-Riege. Am besten alle in einen Sack stecken, es würde schon immer den oder die Richtigen treffen. Da körperliche Züchtigung aber im Gegensatz zum Pisa-Überflieger Südkorea hierzulande nicht auf der Tagesordnung steht, muss der Münchener Kabarettist, der jetzt zu Gast im Bonner Pantheon war, eben verbal angreifen. Dafür aber umso heftiger. Alle kriegen sie ihr Fett weg, ob Regierung oder Opposition, die die parlamentarische Demokratie in einen jämmerlichen Zustand gebracht haben, ob Verfassungsschutz oder katholische Kirche, ob Finanzberater oder Facebook-Enthusiasten. Uthoff rechnet ab – und gegen sein Ergebnis ist der Schuldenstand der USA noch relativ nah an den schwarzen Zahlen dran.
Eigentlich ist alles gut: Druckvoller Bluesrock begeistert das Publikum in der Harmonie, Schlagzeug und Bass legen einen massiven Teppich aus, Keyboard-Klänge und vor allem Gitarrensoli dienen als Verzierung. Kennt man alles. Denn an ihrem Erfolgskonzept haben Ten Years After seit Woodstock nicht viel geändert. Bis heute zehrt die britische Band von diesem Auftritt und den darauf folgenden fünf Jahren, in denen sie ihre größten Hits produzierte. Und so reproduzieren die Veteranen (einzig Sänger und Gitarrist Joe Gooch ist als Neuling erst seit zehn Jahren mit von der Partie) den klassischen, trockenen, schnörkellosen Sound der 70er. Nur mit der Magie klappt es zumindest in der Harmonie nicht so ganz.
Virtuose Blues-Gitarrenklänge in technischer Perfektion, ein dynamisches Schlagzeug, ein zurückhaltender Bass und ein verspieltes Keyboard: Eigentlich bietet die Gregor Hilden Band in der Harmonie alles, was man sich wünschen kann. Eigentlich. Denn bei aller Brillanz, mit der Frontmann Hilden George Bensons „Breezing“ selbstbewusst „verbessert“ oder im eigenen „Golden Voice Blues“ seine Gibson Les Paul vom feinsten Piano (teilweise mit abgeschaltetem Verstärker) bis hin zum krachenden Fortissimo jagt – irgendwas fehlt. Und als dann endlich nach 40 Minuten gesanglosem Blues der Mann des Abends die Bühne betritt, wird auch klar was. Präsenz. Ausstrahlung.
Er hat die Violine im Jazz etabliert und auf vier Alben den Sound von Frank Zappa mitgeprägt. Jetzt hat Jean-Luc Ponty zusammen mit seinem langjährigen Pianisten William Lecomte im Rahmen des Beethovenfests in der Harmonie ein für seine Verhältnisse fast schon klassisch anmutendes Konzert gegeben, ohne Wah-Wah-Effekte, ohne den sonst üblichen Synthesizer-Sound, ohne Percussion – aber mit um so mehr Spielfreude.
Mit Jazz und Klassik ist das so eine Sache: Trotz zahlreicher gegenseitiger Befruchtungen, trotz Debussys Verwendung von Jazz-Harmonien (etwa in „Children's Corner“), trotz dem auf Rachmaninovs Cis-Moll-Prelude basierenden Russian Rag, trotz der Suiten von Duke Ellington und den Kompositionen George Gershwins und trotz der klassischen Elemente im Cool Jazz scheint es immer noch viele Menschen zu geben, die die beiden Genres als völlig gegensätzlich betrachten. Improvisation versus Komposition. Behauptet zumindest Eckart Runge, der zum Auftakt der Reihe „Concerto Discreto“ im Arithmeum diesen Widerspruch auf seine Weise auflösen wollte. Zusammen mit dem Pianisten Jaques Ammon setzte der Cellist und Gründer des Artemis Quartetts bei der Suche nach einer Synthese von Klassik und Jazz auf Tango, zwei Standards und einen eher unbekannten ukrainischen Komponisten.
„Oh yeah“, jauchzt, nein, stöhnt Eric Gales, so als ob jeder einzelne Ton, den er seiner Gitarre entlockt, für ihn die absolute Erfüllung ist, die Melodie ein wahr gewordener Traum, das musikalische Äquivalent eines Orgasmus. Und der „Raw Dawg“ aus Memphis, der hier auf der Bühne der Harmonie steht, ist ganz tief drin, versunken in seinem Solo, die erogenen Zonen des Liedes erspürend. Längst hat er den Joe-Bonamassa-Bassisten Eric Czar verstummen lassen, auch Drummer TC Tolliver lässt die Sticks ruhen. Dieser Moment gehört Gales allein. Ihm und seinen Saiten.
„Wenn ihr zu dem kommenden Song tanzen wollt, würde uns das sehr gefallen“, sagt Storm Large irgendwann. Kein Problem: Wenn Pink Martini loslegt, hält es ohnehin kaum mehr jemanden auf den Sitzen. Die Band hat am Abschlussabend des Beethovenfests mit ihrem Konzert im gut besuchten Telekom Forum von Anfang an einen herausragenden Kontrapunkt zum klassischen Finale in der Beethovenhalle gesetzt. Über Kultur- und Genregrenzen hinaus sorgen die zwölf Musiker aus Portland für Stimmung, kreuzen etwa kubanische mit japanischer Musik („Mayonaka no Bossa Nova“), singen in Anlehnung an eine Werbekampagne ein Lied der Hoffnung für eine amerikanische Tomate („Hang on little tomato“), bringen gar ein paar deutsche Zeilen ein („ich dich liebe“). Storm Large begeistert mit ihrer herrlich vollen Stimme, die auch im Duett mit dem Percussionisten Timothy Nishimoto hervorragend zur Geltung kommt, während die Band mit ihrem präzisen Spiel überzeugt, allen voran Posaunist Robert Taylor und Trompeter Gavin Bondy. Das Konzert ist schon jetzt großartig.
„Die Stimmung ist im Keller – ich hol sie da schon raus“, verspricht Matthias Deutschmann im Pantheon. Fiesling. Der tut nur so nett, streckt in Wahrheit aber lediglich die Hand aus, um sie in letzter Sekunde wegzuziehen. Ein Schein von Hoffnung, bevor die giftige Satire des Kabarettisten mit dem so schön wehmütig klingenden Cello wieder zuschlägt. Nein, Deutschmann hat sich nicht verändert: Scharfzüngig, provokant und dabei immer absolut ruhig analysiert er seit 30 Jahren Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und findet lediglich den stumpfen Glanz des Bernsteins. Keine Brillanz. Wie auch, wenn am Firmament Madame Angela Jenachdem neben Costa Berlusconia steht. Selbst der frühere Leitstern Barack Obama hat an Leuchtkraft verloren. Ein Himmel voller Arschgeigen, denkt sich Deutschmann – und spielt lieber Cello.
Begleitmusiker haben es nicht immer leicht: Sie stehen auf großen Bühnen, spielen mit großen Stars und sind doch für das Publikum oft nur Randfiguren, schmückendes Beiwerk, kurz wahrgenommene und dann wieder vergessene Namen. Dabei sind auch sie oft in der Lage, einen eigenen Zauber zu weben. So wie Dave Nachmanoff. Der Co-Gitarrist von Al Stewart hat jetzt in der Bonner Harmonie sein einziges Deutschland-Konzert gegeben: solo, unverfälscht, intim und wunderbar. Liebevolles Singer-Songwritertum mit eleganten Melodien, abwechslungsreich und doch aus einem Guss – das gelingt nur wenigen.
Ob Stoff, Klang, Film oder Publikum: John Bock arbeitet mit allem. Sein Kunstbegriff lässt sich nicht in eine konventionelle, statische Ausstellung zwängen – und die Bundeskunsthalle hat dies glücklicherweise auch nicht versucht. Deren neuer Intendant Rein Wolfs ist es in seiner ersten Bonner Arbeit als Kurator gelungen, das gesamte Ouvre Bocks abzubilden und der Schau unter dem abstrakten Namen „Im Modder der Summenmutation“ zugleich einen performativen Charakter zu geben, wie er am Bundeskanzlerplatz so bislang nicht denkbar war.
Als „angry young man“ galt Graham Parker in den 70er und 80er Jahren, als einer, der sowohl in seinen Texten als auch in seiner Musik Punk und New Wave vorwegnahm. Damals. Inzwischen ist der Brite deutlich ruhiger geworden – zumindest auf seiner Solo-Tour, die ihn nun auch in die Bonner Harmonie führte. Zahm wirkte er, folkig statt rockig, was ja durchaus Charme haben kann. Aber während Songs wie die Ballade „Black Honey“ oder das fröhlich treibende „I discovered America“ von dem minimalistischen Arrangement noch profitieren konnten, erschien dieses an anderer Stelle einfach nur absurd: Stevie Ray Vaughans legendäres „Pride and Joy“ klang bei Parker mit seiner Akustik-Gitarre schwachbrüstig und zahnlos, und auch sein eigenes „Waiting for the Ufos“ verlor jenen Drive, den es 1979 auf „Squeezing Out Sparks“ noch besaß. Kein Wunder also, dass das Publikum dem Aufruf zum Mitsingen nicht so wirklich folgen mochte.