John Lee Hooker Jr: Herr Yeah und sein Papa

Als Sohn eines weltberühmten Musikers hat man es häufig schwer. Vor allem dann, wenn man auch noch den selben Namen wie der Erzeuger trägt und der selben Leidenschaft frönt. „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, sagen dann viele, oder „Ganz wie der Vater“. Im Vorfeld des Auftritts von John Lee Hooker Jr in der Harmonie Bonn wollen manche Blues-Liebhaber solche Aussagen nicht hören. Alles nur Klischees, sagen sie. Möglich. Aber zumindest in diesem Fall nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt. Denn auch wenn der 65-jährige Junior einen weitaus steinigeren und härteren Weg hinter sich hat als der legendäre Senior und einen dazu passenden Musikstil pflegt, ist das Erbe doch unüberhörbar.

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Piet Klocke: Aphorismen eines Anakoluth-Akolythen

Autonome Automobile mit eigenem Willen, App-Wahn und Künstliche Intelligenz, die nachzudenken beginnt: Die digitale Entwicklung bereitet Piet Klocke offenbar einige Sorgen. Nichts gegen Technik – die setzt der schon sehr spezielle Kabarettist, Musiker und Liebhaber des bewusst abbrechenden Satzes (dem so genannten Anakoluth) nur allzu gerne selber ein – aber wenn das Denken ausgelagert wird, hat das mitunter eben auch Nachteile. In seinem neuen Programm „Ausdrucksdance“, dessen Inhalt mit dem Titel nachweislich in keinerlei Beziehung steht, kommt Klocke somit immer wieder auf das Potenzial und auf die Gefahren der Computerisierung zu sprechen. Kein roter Faden, wohl aber die größte Gedankenblase in dem mentalen Schaumbad eines charmanten Wirrkopfs mit Tiefgang, der genüsslich eine Idee an die nächste setzt, scheinbar Nonsens kreiert und doch mitunter zum Nachdenken anregt.

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Lydia Benecke: Eine Störung kommt selten allein

Manipulativ, eiskalt, berechnend und verführerisch: So erscheint Catherine Tramell (Sharon Stone) in dem berühmten Erotic-Thriller „Basic Instinct“. Eine Psychopathin, wie sie im Buche steht oder doch eher eine Hollywood-Phantasie? Offenbar ersteres, wie Lydia Benecke bei einem Vortrag im Pantheon zugesteht. Die aus Funk und Fernsehen bekannte Kriminalpsychologin beschäftigt sich schon länger mit den Niederungen des menschlichen Geistes und konzentriert sich derzeit vor allem auf weibliche Psychopathen. „Viele Verhaltensweisen von Catherine Tramell passen durchaus ins Muster“, sagt sie. Narzissmus, Hypersexualität, Kontrollfreude und Risikosucht können eine gefährliche Mischung sein. Doch es gibt auch andere Ausprägungen.

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Ben Becker: Die Leiden des Judas

Das Bekenntnis ist eindeutig: „Ich habe ihn ermordet“, gesteht Judas mit Blick auf Jesus, der durch ihn ergriffen und ans Kreuz geschlagen wurde. „Jeden einzelnen Tropfen Blut, der aus seinem reinen Körper floss, habe ich vergossen.“ Er, der von so vielen verhasste Jünger Christi, dem Ausnahme-Schauspieler Ben Becker in einer atemberaubenden Darbietung Stimme, Körper und Seele leiht und der sich so erstmals öffentlich rechtfertigen kann. Ja, Judas ist sich bewusst, was er getan hat. Und es war kein Verrat. Sondern ein Opfer. Eines, das notwendig war, das geplant war, auch wenn es letztlich zwei Menschen zerstörte. Jesus, der so für die Sünden aller starb – und Judas, der ihm dies glaubte und ihm dieses Schicksal ermöglichte. In einem eindringlichen Monolog, die sonore Stimme schwanger mit tief empfundener Qual, lässt Becker den Apostel in der Bonner Oper zu Wort kommen und seine Sicht der Dinge in einer ebenso emotionalen wie argumentatorisch brillanten Apologie darlegen, die jeder einmal vernommen haben sollte.

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Wasserfuhr-Brüder: Jazz als Traumahilfe

Es ist schon ein kleines Wunder, dass die beiden Wasserfuhr-Brüder Roman und Julian ihren Weg in den Jazz gefunden haben. Und dort auch geblieben sind. Wer wie ersterer schon in der sechsten Klasse für einen Solo-Ton zu viel vom Bigband-Leiter des heimischen Gymnasiums öffentlich bloßgestellt wird oder wer wie letzterer einfach kein Glück bei Frauen hat, weil Trompete als Hobby offenbar als eher unsexy empfunden wird, könnte schon in Selbstzweifeln versinken. Doch die Wasserfuhrs waren offenbar zäh. Und unzweifelhaft talentiert. Schon bei der Veröffentlichung ihres Debüt-Albums „Remember Chet“ im Jahr 2005 wurden die beiden als die Zukunft des deutschen Jazz bezeichnet – jetzt sind sie dessen Gegenwart. Und die strahlt, wie ein Matinee-Konzert in der Post-Tower-Lounge im Rahmen des Beethovenfests beweist, überaus hell.

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Max Mutzke: Wo die wilden Tiere wohnen

Eine exzellente Band, ein charmanter Sänger und ein geheimnisvoller Gast: Mit diesem Konzept will Max Mutzke in Zukunft im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ regelmäßig nach Bonn kommen. Irgendeinen von seinen zahlreichen Künstlerfreunden auf der Opernbühne begrüßen, ein bisschen singen, ein bisschen quatschen und das Publikum begeistern. Am vergangenen Samstag öffnete er die Wundertüte zum ersten Mal – und bewies, dass der Ansatz trotz einiger Schwächen durchaus funktionieren kann.

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Wildes Holz: Ungehobelte Wipfelstürmer

Am Ende kommt der obligatorische Nebel. Und die stehenden Ovationen. Wildes Holz drehen zum Finale ihres Konzerts im Haus der Springmaus noch einmal richtig auf, rocken mit fast schon metalliger Wucht, holen alles aus ihren Instrumenten heraus. Jetzt fehlen nur noch ein paar langhaarige Headbanger. Die Musik passt auf jeden Fall: „Smoke on the Water“ und „Born to be wild“ – mit Gitarre, Kontrabass und Blockflöte. Muss man auch erst einmal schaffen. Doch für die Harthölzer auf der Bühne ist das ein leichtes. Das wahrscheinlich ungewöhnlichste Trio der Rockmusik beweist zum wiederholten Male, das es so ziemlich alles spielen kann, von Blur bis Telemann, von Jazz bis zu türkischem Pop. Bei der Vorpremiere ihres neuen Programms „Ungehobelt“ ziehen Tobias Reisige (Flöte), Anto Karaula (Gitarre) und der schalkhaft grinsende Markus Conrads (Bass) alle Register, stürmen durch sämtliche Stile und nehmen sich dabei erfreulicherweise selbst nicht ganz so ernst.

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Pantheon-Vorleser: Die Chronologie des Absurden

Linearität ist Fiktion. Zumindest im Rahmen von Lesungen und Radiosendungen. Ein Wort, und schon ist man im Oktober oder im November, blickt auf die Zukunft zurück und plant für Weihnachten. Nun ist ein Kleinkunsttempel zur Zeitmaschine geworden: Im Rahmen der vom WDR aufgezeichneten 60. Pantheon-Lesenacht haben Gastgeber Horst Evers und seine Gäste genüsslich mit der Chronologie der Ereignisse gespielt, die Zeiten durcheinandergebracht und dabei einen humoristischen Text nach dem anderen vorgetragen. Was vor allem dank zweier ebenso trockener wie brillanter Satiriker ein tiefsinniges Vergnügen wurde.

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Ramón Valle Trio: Jazz zu Ehren der Familie

Eins für den Neffen, eins für den Sohn, eins für die fünf Schwestern: Ramón Valle scheint für so ziemlich jedes Familienmitglied eine eigene Komposition im Repertoire zu haben. Bereits 2016 hat der kubanische Pianist bei einem Konzert im Post-Tower seine Verwandtschaft bedacht, nun hat das Jazzfest Bonn ihn noch einmal in die Bundesstadt locken können. Ein Einsatz, der sich gelohnt hat. In der Harmonie gibt Valle mit seinem Trio von der ersten Sekunde an Vollgas, flitzt über die Tasten und rührt dabei kräftig in jenem Schmelztiegel, aus dem er seine Musik schöpft.

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„Die große Coperlin Show“: Et Wow

„Et Wow!“ Pointe. Konfetti. Großes Kino. Wenn der Große Copelin in der nach im benannten Show auf der Bühne steht, wird jeder Moment zum Erlebnis. Immerhin ist der Mann ein Star, der ungekrönte König des Varietés, der wirklich alles schaffen kann. Zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten. Also mit viel Pfusch. Und noch mehr Witz. Im Bonner GOP-Theater hat der Meister des Absurden nun gezeigt, dass er sich für nichts zu schade ist, andererseits aber auch das Talent hat, hervorragende Gäste einzuladen – und so für einen herrlich schrägen und artistisch hochkarätigen Abend zu sorgen.

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Nicolai Friedrich: Kein Geheimnis ist sicher

Geburtstage, Lieblingsstädte, PIN-Nummern: Für Nicolai Friedrich sind diese Informationen nur ein Fingerschnipsen entfernt. Der Mentalmagier mit dem überbordenden Sonnyboy-Charme kann sie schließlich ohne weiteres in den Gedanken der anderen lesen. Zumindest will er das seinem Publikum glauben machen. So auch im Haus der Springmaus, wo Friedrich mit ein wenig Suggestion, einem Verständnis für Mikroausdrücke und einer ordentlichen Dosis Psychologie ein verblüffendes Programm präsentiert, bei dem nichts unmöglich scheint und selbst die Realität nicht länger sicher ist.

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„Don Quijote“: Windmühlenkampf als Meta-Theater

Manuel Zschunke ist auf einem Kreuzzug. Gegen das System, gegen alles, vor allem aber gegen das Publikum und die Kritiker. Eine ominöse Masse, die im Dunkel kaum zu erkennen ist und deren Haltung schon von Anfang an festzustehen scheint. Eine Ansammlung von Riesen – oder sind es doch nur Windmühlen? Egal: Sich ihnen andienen und reines Publikumstheater machen, einen Crowd-Pleaser an den nächsten reihen und ständig der Ästhetik des Volkes entsprechen kann nicht das Ziel sein. Zumindest nicht für Zschunke, der diesen durchaus richtigen Ansatz in der irrwitzigen Inszenierung des „Don Quijote“ (Regie: Hajo Tuschy und Jacob Zuske) kurzerhand ins Extrem treibt sich sogleich auf die Suche nach radikalen Formen macht. „Theater ohne Publikum wäre viel geiler“, sagt er. Kein Ankämpfen mehr gegen vermeintlich unerfüllbare Erwartungen, keine Bewertungen, keine Kritik. Einfach nur spielen, einfach nur träumen. „Das ist Don Quijote“, ruft Zschunke, und selbst sein Freund und Kollege Tuschy kann ihn nicht aus diesem Wahn befreien. Also spielt er stattdessen mit – und stürzt sich zusammen mit dem Schauspieler von der traurigen Gestalt in die Romanhandlung.

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Antoine Boyer und Samuelito: Virtuose Saitenmeister

Ungewöhnliche Jazz-Formen sind schon seit Jahren ein fester Bestandteil jenes Matinée-Programms, mit dem das Beethovenfest ein ums andere Mal die Post Tower Lounge zu füllen versteht. Am vergangenen Sonntag sorgten nun die beiden Gitarrenvirtuosen Antoine Boyer und Samuelito für einen Auftakt nach Maß, der dem exzellenten Ruf der Reihe mehr als gerecht wurde. In technischer Perfektion machte sich das Duo an die Verschmelzung von Flamenco und Gypsy-Jazz, flocht Klassik und Pop mühelos ein und schuf eine Mischung, die schlichtweg atemberaubend war.

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„Amadeus“: Der Fluch der Mittelmäßigkeit

In knalligem Rot wirbelt er über die Bühne, ein infantiler Clown mit einer Leidenschaft für Obszönitäten und unbekümmertem Revoluzzertum: Mozart (Hermann Bedke). Für sein Benehmen abgelehnt, für sein Genie geliebt. Oder gehasst, zumindest von Antonio Salieri (Matthias Schuppli), der sich kurz vor seinem Tod an das Aufeinandertreffen der beiden Künstler in Wien lebhaft erinnert. Der kaiserliche Kammerkomponist neidet dem jüngeren Kollegen in Peter Shaffers berühmtem und von der historischen Realität weit entfernten Drama „Amadeus“ sein Talent, sein Gespür für die vollkommene Musik und in gewisser Weise auch sein ausschweifendes Leben. Also beginnt er zu intrigieren – und Mozart systematisch zu zerstören. Nun haben Contra Kreis Theater und Junges Theater das Stück gemeinsam auf die Bühne gebracht.

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WDR Kabarettfest: Blödsinn und Tiefsinn gegen den Irrsinn

Ein bisschen Quatsch kann helfen. Zumindest manchmal. Wenn man an der Welt verzweifelt, die von irren Autokraten als Spielball missbraucht wird, während das Volk begeistert applaudiert, hilft mitunter nur gehobener Blödsinn, um diesem globalen Wahnsinn zu begegnen. Etwa indem man sich auf die Straße stellt und laut verkündet, „hier gibt es nichts zu sehen!“ Das soll helfen, behauptet zumindest Matthias Brodowy, der am vergangenen Montag in Vertretung des erkrankten Tobias Mann das 97. WDR Kabarettfest im Pantheon moderierte. Die aktuelle Ausgabe bestach vor allem zu Beginn durch einige exquisite, zum Teil provokant-überspitzte und zum Teil erfreulich ausgewogene Gedankengänge – und glitt doch im weiteren Verlauf vorübergehend in die Belanglosigkeit ab.

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„Jeck im Sunnesching“: Närrisch im Frühherbst

Es regnet Luftschlangen. Und Sternenkonfetti. In rot, blau und gelb flattert das Papier durch die Luft, legt sich auf überdimensionale Luftballons – und auf die nach Veranstalterangaben rund 10.000 Besucher von „Jeck im Sunnesching“, die auf dem KunstRasen-Gelände in der Bonner Gronau in unterschiedlichen Stadien der Kostümierung ausgelassen feiern. Karneval im Frühherbst mit der ersten Garde der kölschen Bands. Kein Wunder, dass die Veranstaltung ausverkauft ist, obwohl sie zeitgleich auch in Köln stattfindet. Dort läuft die Open-Air-Sause bereits zum dritten Mal, in der Bundesstadt ist es eine Premiere. Und zwar eine, die im Großen und Ganzen den richtigen Nerv getroffen hat.

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„Einstein Inside“: Schwarze Löcher und Pulsar-Klänge

„Ich habe keine besondere Begabung“, hat Albert Einstein einmal über sich selbst gesagt, „nur eine leidenschaftliche Neugier.“ Eine, mit der er die Welt veränderte. Viele technische Entwicklungen hätte es ohne ihn nicht gegeben, allen voran an Laser, der heute in Supermarktkassen ebenso zu finden ist wie in CD-, DVD- und BluRay-Playern und der in Medizin und Wissenschaft nahezu unverzichtbar ist. Zudem wäre die gesamte moderne Physik ohne die Allgemeine Relativitätstheorie in vielen Bereichen undenkbar, und so ist es nur konsequent, dass das Deutsche Museum Bonn in Kooperation mit dem Wissenschaftszentrum nun eine Ausstellung über Einsteins Forschungen präsentiert. Und das auf die gewohnt interaktive, fast schon spielerische Art und Weise, die das Haus seit jeher auszeichnet.

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Springmaus-Ensemble: Urlaub auf Finnisch

Eigentlich ist Improvisationstheater ganz einfach. „Wir fragen euch was, ihr sagt uns was, wir machen was draus und am Ende wird gelacht“, erklärt Kabarettist Norbert Frieling das Konzept des Springmaus-Ensembles, das derzeit in ihrem Stammhaus ihr alljährliches Sommer-Special spielt. Alles also kein Problem – selbst wenn das Publikum Sonderwünsche hat. Wahrscheinlich gibt es ohnehin nichts, was Frieling und seine Kollegen Paul Hombach, Vera Passy und Alexis Kara noch überraschen könnte. Und so stürzt sich das Quartett genüsslich und ganz den Vorgaben des Publikums folgend in Urlaubs-Szenarien und Musical-Darbietungen, Talkrunden mit Pantomimen-Unterstützung und Beschwerden auf Finnisch.

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Holi-Festival: Farbwolken am Rheinufer

Das Partyvolk ist bunt. Knallbunt. Die einst weißen Klamotten sind grün, blau, gelb, rosa beschmiert, Haut und Haare ebenso. So wie es sein muss. Das erste Holi-Festival auf der Insel Grafenwerth ist in vollem Gange; die Menge tanzt ausgelassen zu Techno-Rhythmen und stört sich nicht allzu sehr an dem farbigen Maismehl, das sie selbst erst kurz zuvor in die Luft geworfen hat und das nun in jede noch so kleine Ritze kriecht. Wozu auch? Mundschutz und Sonnenbrille verhindern ja, dass Augen und Atemwege betroffen sind, und alles andere ist letztlich egal. Unbekümmert feiern die rund 3000 jungen Menschen auf dem Gelände, genießen den Sommertag und die wummernden Bässe, geeint in Farbenpracht und Lebenslust. Ein perfekter Start für eine Veranstaltung, die schon in Bonn überaus erfolgreich war.

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Jazztube: Klänge aus dem Untergrund

Der Weg zum Jazz führt über eine Rolltreppe. Abwärts geht es, zu den U-Bahnhöfen, in denen Pendler und Touristen, Einkaufsbummler und Museumsbesucher eilig ein- und aussteigen – und auch mal neugierig stehenbleiben, während junge Bands ihre prägnanten Sounds von den kunststoffüberzogenen Wänden abprallen lassen und die Haltestellen Hauptbahnhof/Thomas-Mann-Straße, Universität/Markt und Heussallee/Museumsmeile in kleine, ungewöhnliche Clubs verwandeln. Zum nunmehr sechsten Mal findet dort wieder die beliebte Jazztube-Reihe statt, die aufstrebenden Musikern eine Möglichkeit findet, in der Öffentlichkeit ihr Publikum zu finden. Bis zum 22. September können Bürger somit jeden Freitag von 17 Uhr bis 19.30 Uhr kostenlose musikalische Hörproben erhalten und dabei auch per Handy ihre Favoriten wählen. Die drei Bands mit den höchsten Zustimmungswerten werden am 3. November im Pantheon noch einmal auftreten.

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„Ich weiß... was du im Sommer 2037 tun wirst“: Sklaven des ICH

Fünf Freunde allein im Wald. Ohne Nahrung, ohne Wasser. Und ohne ihre Augmented-Reality-Kontaktlinsen. Abgeschnitten also vom weltweiten Netz der Dinge mit all dem ausgelagerten Wissen und den Beschäftigungstherapien, stattdessen ganz auf sich allein gestellt – das kann ja nicht gut gehen. Zu groß ist die Abhängigkeit von der digitalen Sphäre und der künstlichen Intelligenz namens „ICH“, die das Leben in allen Belangen bestimmt. So kommt es in dem Theaterstück „Ich weiß... was du im Sommer 2037 tun wirst“, das jetzt im Contra-Kreis-Theater Bonn seine Uraufführung erfuhr, beinahe zur Katastrophe. Aus der letztlich (da wird die Dystopie erstaunlich realistisch) noch nicht einmal jemand etwas lernt. Was eigentlich das Erschreckendste an dem ganzen Szenario ist.

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Green Juice Festival: Party im Schlamm

Ob Wiese oder Acker, Hauptsache es rockt: Mit Gummistiefeln und jeder Menge guter Laune haben rund 5500 Menschen am vergangenen Samstag den zehnten Geburtstag des Green Juice Festivals gefeiert und sich von dem schlammigen Boden nicht aus der Fassung bringen lassen. Ausgelassen genossen sie die krachende Musik von Bands wie Milenia, den Hamburger Party-Experten Le Fly oder dem Headliner Madsen, tanzten im Matsch und hatten mitten in Bonn-Vilich viel Spaß. Eine glückliche Wendung für die Veranstalter, die einen Tag zuvor die geplanten Auftritte von fünf Bands kurzfristig absagen mussten, weil die Sicherheit der Besucher angesichts eines völlig überfluteten und selbst für Rettungswagen unbefahrbaren Geländes nicht hätte gewährleistet werden können. „Dann müsst ihr jetzt eben doppelt so viel Gas geben“, rief Le-Fly-Frontmann Schmiddlfinga am Nachmittag – und die Menge folgte ihm nur allzu gerne bis in die späten Abendstunden.

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Karin Pagmár: Die Lieder einer Diva

Und wieder rollt das R. „Du darrrfst mirrr nie mehrrr rrrote Rrrosen schenken“, schnarrt Karin Pagmár in ihrer Zarah-Leander-Revue und erweckt damit eine der ganz großen Diven wieder zum Leben. Gut, ein wenig übertreibt sie es schon mit dem Akzent, doch der herrlich markante Kontra-Alt und der von Sehnsucht und Liebeskummer geprägte Tonfall passen ebenso wie die allgemeine Grandezza so perfekt, dass das Publikum im Kleinen Theater Bad Godesberg von der Sängerin und Schauspielerin ganz hingerissen ist. Nicht umsonst gilt Pagmár, die in Bad Godesberg von Samuel Skönberg am Klavier begleitet wird, als eine der großen Interpretinnen ihrer Landsfrau, als eine, die nicht nur optisch und akustisch an jene Frau erinnert, die zum Idol ganzer Generationen wurde und bis heute unvergessen ist.

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Varietéspektakel: Travestie stört Poesie

Ein Hauch von kindlichem Staunen liegt in der Luft. Auf der Bühne lässt Magier Mika Chao gerade ein Tuch in einer Flasche tanzen, steigt jetzt sogar ins Publikum, gibt das Kunststück in Kinderhände und hat das Publikum damit vollends in der Hand. Es ist ein Moment voller Poesie und Faszination, in dem Wünsche Wirklichkeit zu werden scheinen – ein Moment, der damit leider eine Ausnahme im aktuellen Varietéspektakel „Circque de Tuque – In Between“ darstellt. Die Show, die wie in jedem Sommer im Pantheon residiert und dort noch bis zum 26. August zu sehen ist, präsentiert zwar einmal mehr exzellente junge Artisten, die Zeremonienmeister und Initiator Stephan Masur auf der ganzen Welt gefunden hat, lässt es allerdings zugleich an einer übergeordneten Dramaturgie fehlen, die die einzelnen Nummern zu einem zauberhaften Ganzen verbindet. Stattdessen bleibt sie eine Patchwork-Revue, in der Comedy und Travestie auf Konfrontationskurs zu lyrischen Kunststücken gehen. Was eher kindisch denn kindlich wirkt.

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Stadtmusik-Fest: Mit Rock und Jazz gegen den Regen

Es ist nass. Und trüb. Und trotzdem gut. Das diesjährige Stadtmusikfest, das seit ein paar Jahren im Rahmen der Stadtgartenkonzerte an einem Samstag im August die Innenstadt erklingen lässt, lässt sich von dem herbstlichen Wetter nicht stören. Wozu gibt es schließlich Regenschirme? Und Musik, die zumindest akustisch den Sommer erahnen lässt? Zumindest gelingt es den auftretenden Bands an diesem Nachmittag immer wieder, die Schauer zu vertreiben und vor den Bühnen am Markt-, Bottler- und Friedensplatz für Stimmung zu sorgen. Jazz und Rock, Pop und Folk, Reggae und Weltmusik gehen Hand in Hand und lassen alles andere vergessen. „Es ist großartig, dass die Stadt so etwas möglich macht“, sagt etwa Anna Rosenthal. „Das Wetter ist da doch völlig egal.“

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„Der Menschenfeind“: Die Heuchelei der Schickeria

In gewisser Weise ist Alceste der ehrlichste Mensch der Welt. Und genau das ist das Problem. Der leidenschaftliche Poet nimmt kein Blatt vor den Mund, spricht aus, was er meint und macht sich damit in der Schickeria der Bonner Republik nicht gerade beliebt. Echte Kritik oder auch nur eine vehement geäußerte Meinung hat in einer fröhlich heuchelnden Gesellschaft einfach keinen Platz. Jeder macht gute Miene zu bösem Spiel und lästert doch nur über jene, die gerade nicht anwesend sind. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Ganz im Gegenteil. Insofern ist Hans Magnus Enzenbergers Übersetzung und Neufassung von Molières berühmter Komödie „Der Menschenfeind“, die das studentische Ensemble Dauertheatersendung jetzt in der Brotfabrik inszeniert, überaus aktuell. Doch Regisseurin Xenija Zoller will den Geist der frühen 80er Jahre, der in der Textvorlage verborgen ist, um jeden Preis bewahren – und erweitert die souverän gespielte Haupthandlung kurzerhand um einige absurde Versatzstücke, die mitunter brillant sind, zugleich aber für Irritationen sorgen.

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Robert Kreis: Pointen aus den 20ern

Ach ja, Berlin. Die große Metropole des guten Geschmacks, der feinen Witze und der pfiffigen Couplets. Damals, vor fast 100 Jahren, sprühte die Weimarer Republik nur so vor Charme und Lebensfreude – und viele sehnen sich auch heute nach dieser legendären Zeit zurück. Nun dreht Robert Kreis im Contra-Kreis-Theater einmal mehr an der Uhr: Der niederländische Entertainer, der seit inzwischen 42 Jahren seiner Leidenschaft für den Humor und die Musik der goldenen 20er frönt und fast genau so lange ein gern gesehener Gast des Hauses ist, führt das Publikum mit seinem neuen Programm „Großstadtfieber“ in die Vergangenheit der Unterhaltungsbranche. Und das so liebevoll, dass man das Alter der Pointen gar nicht merkt.

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GlasBlasSing-Quintett: Lieder aus Flaschen

Die Grundidee ist immer noch fantastisch: Fünf Herren entdecken beim abendlichen Feiern die Liebe zum Flaschenblasen, stellen unter großen Mühen für die gierigen Kehlen ein umfangreiches Instrumentarium zusammen und zeigen schließlich auf der Bühne, das Liedgut auf Leergut erstaunlich gut klingen kann. Zumindest so lange sie nur blasen. Und nicht singen. Letzteres hat das GlasBlasSing-Quintett allerdings in seinem nunmehr vierten Programm massiv auszubauen versucht, mit selbst geschriebenen, vermeintlich komischen Stücken und hektischen Cover-Versionen, bei denen sich die Flascholeros schlichtweg übernommen haben. Keine gute Idee. So blitzt zwar ab und zu noch die alte Genialität durch, allzu oft fällt das Ergebnis allerdings schlichtweg desolat aus.

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Zucchero: Zucker mit Hut

Die Sonne geht gerade unter, als Zucchero und seine Mannen die Bühne des KunstRasens verlassen. Die glorreichen 13, nach der musikalischen Befreiung einer weiteren Stadt von dannen ziehend. Ein passendes Bild. Es fehlen nur die Pferde. Andererseits geht es auch so, zumal Adelmo „Zucchero“ Fornaciari nicht zuletzt seit des aktuellen Albums „Black Cat“ ein Cowboy ist, der alle Stile zu reiten vermag: Den Soul und den Blues natürlich, den er in seiner Heimat maßgeblich geprägt hat und der tief in seiner Seele verwurzelt ist; die Country-Musik der Südstaaten, mit der ihn seine Liebe zu Westernfilmen verbindet; und natürlich den klassischen Rock, den er in Italien quasi personifiziert.

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Jean Michel Jarre: Der Herr der Lichter

Als die Dunkelheit hereinbricht, legt Jean Michel Jarre erst richtig los. Jetzt, da die spektakulären Licht-Installationen vollends ihre Wirkung entfalten und mit den Klangkunstwerken des Elektro-Pioniers in perfekte Harmonie treten können, sind die Bedingungen endlich perfekt. Markante Beats und flirrende Laserfinger jagen über den Bonner KunstRasen, formen einen wilden Reigen aus Schall und Licht, projizieren Bilder auf die Bäume und in die Köpfe. Fast möchte man von Magie sprechen, wäre nicht so viel Technik im Einsatz. Sogar der Post-Tower ist als eines der Wahrzeichen der Bundesstadt eingebunden: Auf seiner Fassade flackern bunte Lichter im Takt, programmiert vom Meister selbst, der damit angeblich an das Cover des Erfolgsalbums „Équinoxe“ erinnern will. Doch die eigentliche Show findet weiter unten statt, zwischen den Bäumen, wo fantastische Klänge für ein Konzert sorgen, das seinesgleichen sucht.

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Evanescence: Pathos Magnum

Die Bandbreite ist enorm: Hier wuchtige, druckvolle, energiegeladene Metal-Hymnen, die automatisch zum rhythmischen Nicken verleiten, dort zarte, feingliedrige Balladen. Mitunter auch alles in einem Song vereint. Im ausverkauften Palladium bejubelt das Publikum jeden einzelnen Ton, jeden Funken Emotion und jeden donnernden Akkord von Evanescence, die zum Abschluss ihrer Europa-Tournee in der Domstadt ihr einziges Deutschland-Konzert geben und dabei noch einmal alles raushauen. Krachende Riffs und hämmernde Drums, dazu der elegische Gesang von Amy Hartzler, die sich immer wieder in neue Höhen schwingt und von Trauer und Verzweiflung, Dunkelheit und Freiheitsstreben singt. Ein gut anderthalbstündiges Pathos Magnum, das zwar nicht wirklich neu ist, seine Wirkung allerdings nicht verfehlt.

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Rockaue: Feuer, Wasser, Einhorn

Flammen schießen in den Abendhimmel, Lichter flackern, Bässe dröhnen. Die Mittelalterrock-Band In Extremo lässt sich nicht lumpen, setzt auf ein Feuerwerk von Effekten, die die Dudelsäcke und Schalmeien, die Nyckelharpa und die E-Gitarren, die Keyboards und den Gesang von Michael Robert Rhein alias Das Letzte Einhorn verzieren. Das perfekte Finale für die inzwischen dritte Rockaue, die mit einigen musikalischen Höhepunkten jedem Fan von Musik der härteren Gangart ein Lächeln entlockt haben dürfte. Besser hätte es kaum laufen können. Wenn da nicht die Zahlen wären.

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„Wet“: Wasser marsch

 

Die Ente bleibt drinnen. Da gibt es in der neuen GOP-Show „Wet“ keine Diskussionen. Das Gummitier gehört in die Wanne – ebenso wie die acht herausragenden Artisten, die das Varietétheater für ihr spritziges Programm verpflichtet hat und die mit jeder Menge Begeisterung und noch mehr Akrobatik die extra präparierte Bühne in ein Wasserwunderland verwandeln, in dem alles möglich scheint. Perfekte Körper verbiegen sich, fliegen durch die Lüfte, immer wieder begleitet vom kühlen Nass, das mitunter auch mal das Publikum benetzt. Bleibt nicht aus, wenn sich feuchte Körper aus dem Bad in die Höhe schrauben. Aber egal, ist ja nur Wasser. Die paar Tropfen nimmt das Publikum bei der Premiere nur zu gerne in Kauf.

 

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Sarah Connor: Rocken in der Babypause

Sarah Connor ist nass. Und anscheinend glücklich. Ausgelassen wiegt sie sich im Sommerregen, der gerade über dem Bonner KunstRasen niedergeht, streckt das Mikro in Richtung Menge, fordert es zum Mitsingen auf, zieht es in seinen Bann und lässt so das Wetter vergessen. Wen kümmern schon die dunklen Wolken? Die sind eh nach ein paar Minuten wieder verschwunden. Sarah Connor aber bleibt. Zumindest noch ein bisschen. So lange ihr viertes Kind sie lässt. Im Januar ist es zur Welt gekommen, bestimmt also noch den gesamten Tagesablauf der 37-Jährigen. Das Konzert ist insofern eine Art Babypause. Eine, die Sarah Connor nutzt und letztlich genau da weitermacht, wo sie im vergangenen Jahr aufgehört hat: Bei der Verbindung von deutschem Soulpop und innovativen Arrangements ihrer alten Hits, die das Publikum elektrifiziert und begeistert.

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„A Love Supreme“: Eine Messe in Jazz

Klang gewordene Spiritualität: So lässt sich John Coltranes Werk vielleicht ansatzweise zusammenfassen. Seine Art des Jazz war und ist für viele ein Erweckungserlebnis, jeder Ton ein Bekenntnis zur Herrlichkeit der Schöpfung. „Ich drückte die Repeat-Taste und blieb wach, um einem Mann zuzuhören, der mit der Gabe seiner Musik Gott gegenübertritt“, hat U2-Frontmann Bono einmal über seine erste Begegnung mit John Coltranes legendärer Suite „A Love Supreme“ gesagt und damit zahlreichen Jazzfans aus der Seele gesprochen. Die Pauluskirche hat nun anlässlich des 50. Todestags des großen Saxofonisten eine Jazzvesper samt anschließendem Konzert gestaltet – und dank exzellenter Musiker eine Messe der besonderen Art zelebrieren können.

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Introdans: Die Vitalität des Todes

Der Schnitter räumt auf. Einem schwarzen Schwan gleich wirbelt die ihn verkörpernde Tänzerin der niederländischen Compagnie Introdans über die Bühne der Bonner Oper, kraftvoll und energiegeladen ein Ensemblemitglied nach dem anderen in die Schatten schickend. Selten war der Tod betörender. Und vitaler. Nicht umsonst gilt Ed Wubbes Choreographie von Schuberts „Der Tod und das Mädchen“, das an diesem Abend die aktuelle Spielzeit der „Highlights des Internationalen Tanzes“ beschließt, als Meisterwerk des modernen Balletts, das auch fast 30 Jahre nach seiner Entstehung das Publikum von den Stühlen reißt. Was für eine Darbietung. Während die Sterblichen vergehen oder, wie im Falle des unschuldigen Mädchens im strahlend weißen Gewand, langsam dahinsiechen, bleibt Schlafes Schwester voller Kraft und Energie, faszinierend und dominierend. Ein überragendes Finale eines ohnehin beeindruckenden Abends, an dem Introdans mit exquisiter Körperbeherrschung, exzellentem Lichtdesign und ebenso schlichten wie eindringlichen Bildern dem Titel der Tanzgastspiel-Reihe mehr als gerecht wird.

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